Donnerstag, 10. März 2016

Sour Times

Im Gespräch mit anderen, nicht alleinerziehenden Müttern hört man ja manchmal, dass es mit Partner auch nicht immer leicht sei. Das glaube ich - wenn an dem Klischee, dass Frau sozusagen ein Kind mehr in Gestalt ihres Partners mit versorgen muss, etwas dran ist...

Ich sah mich in meinem Leben vor dem Kind eigentlich nie in einer klassischen Familie mit klassischer Rollenaufteilung. Und auch mein bester Freund meinte einmal, er habe mich schon immer (und wir reden hier von über zwanzig Jahren) immer eher in der Rolle einer alleinerziehenden Mutter gesehen, als in der Rolle einer "Familienmutter". War  zwar nicht so geplant, aber irgendwie hat es für mich auch immer gepasst, mit meinem Sohn allein zu sein. Selbst wenn ich phasenweise am Limit laufe und diese Zeiten körperlich deutliche Spuren hinterlassen haben, ich es nicht mag, so wenig Freiheiten, so wenig Geld und so wenig Zeit für mich zu haben, aber immerhin hatte ich das Gefühl, alles im Griff zu haben.

Womit ich nicht gerechnet hatte ist, was sich mit dem Schuleintritt und allem, was dazugehört, ändern würde. Und auch wenn ich mir früher in schwierigeren Situationen mit meinem Sohn dachte, dass das Alleine-Erziehen das eigentlich blöde am Alleinerziehen ist, hatte ich in den letzten Tagen immer wieder mal den Gedanken: Ich schaffe das nicht alleine.

Manchmal braucht man einfach einen Partner, der das Kind mit erzieht.
Hier hatte ich nun ein paar Tage (für mich völlig ungewohnt! Tage!) am Stück die Situation, dass mein Sohn und ich überhaupt nicht miteinander konnten und holla die Waldfee, es ist absolut erschreckend, wie ein siebenjähriger Knirps alle Register ziehen kann, um seinen Dickkopf durchzusetzen. Und holla die Waldfee, es ist ebenso erschreckend, wie er damit genau die Knöpfchen erwischt, die mir völlig die Souveränität rauben und mit komplett den Teppich unter den Füßen wegziehen. Und holla die Waldfee, ich weiß jetzt, dass ich dann auch zum Hulk werden kann.

Wie sehr habe ich mir in diesen Tagen gewünscht, diese Kämpfe nicht allein mit dem Jungen ausfechten zu müssen. Wie sehr eine geteilte Verantwortung helfen würde oder einfach nur ein Puffer, der dazwischengeht, wenn die Zornesfalte auf Söhnchens Stirn wieder mal besonders deutlich zum Vorschein tritt, die Arme vor der Brust verschränkt werden, kein Wort über seine Lippen kommt, aber die vor Wut funkelnden Augen Bände sprechen. Wenn ich mit Engelszungen versuche, an ihn heranzukommen und nach -zig gescheiterten Versuchen der Frust so groß ist, dass mir der Kragen platzt und ich ganz tief in die Schublade der dysfunktionalsten, dümmsten und misserfolgversprechendsten Erziehungsstrategien greife. Mit dem Ergebnis, dass mein Sohn hinterher noch sturer wird und ich kurz vorm Verzweifeln bin.

Ich gebe zu: Ich bin sensibel. Ja, ich nehme wirklich den Flügelschlag einer Fliege wahr und ja, dieser Flügelschlag fühlt sich für mich auch mal an wie ein Tornado. Und vielleicht gibt es Mütter, die solche Situationen mit einer gewissen Gelassenheit aushalten können. Ich kann es nicht.

Nachdem mir vorgestern der Kragen geplatzt war, heulte ich bestimmt eine Stunde nonstop durch. Und auch am nächsten Tag scheiterte jeder Versuch, auf mein Kind zuzugehen und ihn dazu zu bewegen, auch einzulenken und vielleicht auch mal auf eine Frage, eine Bitte, einen Versuch, auf ihn zuzugehen, mit Ja zu antworten.

Klar habe ich Menschen, mit denen ich Rücksprache halten kann. Im Hort habe ich tolle Erzieherinnen als Ansprechpartner und auch die Lehrerin meines Sohnes liegt mir sehr, hört zu, sieht das alles nicht so eng. Ich habe Freunde, die mir den Rücken stärken und meine Mutter, die zwar meist ein bisschen mehr Fürsprecherin meines Sohnes ist, aber von der ich in den letzten Tagen auch eine große und ungewohnte Portion Mitleid erfahren habe.

Es ist dennoch etwas anderes, nehme ich an, als wenn man zumindest einmal am Tag mit einem anderen Menschen zusammensitzt, der dem Kind ebenso zugetan ist, wie man selbst - der mit einem zusammen überlegt, auch im Interesse des Kindes, der einen beruhigt oder der auch auf das Kind "einwirken" (blödes Wort, aber mir fällt gerade kein schöneres ein) kann.

Wenn mir eine Frau erzählt, dass ihr Partner ihr nicht zuhört, wenn sie sich solche Sorgen um ihr Kind macht - sei es am Telefon oder wenn man sich zuhause "über den Weg läuft" - dass es diesen Partner nicht interessiert, wenn das Kind alles verweigert von Essen bis zu den Hausaufgaben - dann stimmt etwas nicht. Dann ist das sicherlich nicht die Partnerschaft, Ehe oder was auch immer, der ich meine Situation gegenüber stelle. Der Sinn einer Partnerschaft liegt immer noch darin, sich gegenseitig zu unterstützen. Und auch wenn in vielen Familien mit zwei Eltern sicherlich ein größerer Teil der Verantwortung bei der Mutter liegt: Es ist immer noch ein Unterschied, ob man die meiste oder die alleinige Verantwortung hat.

Diese Erfahrung muss ich auf jeden Fall erst einmal sacken lassen. Das Gefühl, alleine nicht zurecht zu kommen, ist neu für mich. Ich bin sicher, es ich vergänglich, aber es wird auch nicht das letzte Mal gewesen sein. Was wird erst in der Pubertät? Darüber will ich gar nicht nachdenken.


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