Samstag, 12. Dezember 2015

Blei

Letzte Woche musste ich noch einmal in "unser" altes Haus - zur Erinnerung: Das, was ich als "Exil" bezeichne; das Haus mit 22 Etagen, in dem ich mit meinem Sohn nach der Trennung von seinem Vater vier Jahre wohnte.

Als ich damals einzog, war Söhnchens Papa, der ja überall mit dabei war und mithalf, von der Gegend nicht begeistert, das konnte ich sehen. Aber ich fand die Bleibe für den günstigen Preis geradezu riesig und wollte unbedingt weg. Die bedrückende Situation daheim belastete mich, ich konnte sie nicht ertragen, die Traurigkeit, unser beider Hilflosigkeit. Die Wohnung war günstig, Uni und Krippe gut erreichbar, der Rest war mir egal. "Ist ja nur vorübergehend."

Ich war wild entschlossen, das Beste aus der Situation zu machen. Anfangs kam der Papa noch oft vorbei, aber diese unklare Situation hielt ich auch nicht aus und miteinander reden konnten wir nicht mehr. Und so wurde der Abstand zum Rest der Welt immer größer.

Irgendwann wurde mir klar, wo ich gelandet war. Ich weiß nicht, wann genau mir die Erkenntnis kam, dass ich mich fühlte, wie lebendig begraben. Das Haus war völlig heruntergekommen, die Mitbewohner überwiegend höchst unangenehm und wir waren sozial völlig isoliert.

Während mein Sohn glücklicherweise immer gut aufgehoben war in seiner Krippe und später im Kindergarten, spürte ich unsere soziale Isolation in ihrer gesamten Wucht. Ich gehörte nirgends wirklich dazu: Nicht zu den anderen Studierenden - die waren in der Regel 10 Jahre jünger, wobei das nicht das Entscheidende war. Viel wesentlicher ist es, ein Kind zu haben, während die Kommilitonen im Grunde noch Kinder sind, deren familiäre Sorgen sich bei einem großen Teil noch darum drehen, dass sie am Freitag wenig Lehrveranstaltungen haben, um noch nach Hause fahren zu können.
Meine Probleme bestanden indes darin, einen Platz in den Kursen zu bekommen, die im Rahmen der Betreuungszeiten stattfanden. Und da man als Alleinerziehende nicht bevorzugt werden und sich im Vorfeld für Kurse anmelden darf (wobei es Dozenten gab, denen das egal war und mir einen Platz in ihrem Seminar versprachen - aber eben nur wenige), saß auch ich zu jedem Seminar-Anmeldetermin an meinem Rechner, um wie über 100 Studierende gleichzeitig in der entscheidenden Sekunde den Mausklick auf dem Button zum gewünschten Kurs zu machen. Mit mehr oder weniger Erfolg - aber immer unter maximalem Druck und nicht nur mit Plan B, sondern Plänen B - Z im Ärmel.

An sich kam ich in meinem ersten Semester nach der Trennung mit meinen Kommilitonen nicht gut zurecht. (Erst ganz zum Schluss fand sich eine Kommilitonin, mit der die letzten Monate dort auch wirklich noch schön wurden - bis heute eine liebe Freundin - und ein weiterer Psychologe, der mir auch erhalten geblieben ist). Sie gingen mir auf die Nerven mit ihren Problemchen, die mir nur lächerlich erschienen. Ja, die Einsamkeit brachte Seiten an mir hervor, die ich von mir nicht kannte. Damals war es mir egal. Ich glaube, wenn diese Seiten nicht herausgeholt hätte, hätte ich jeden Tag geheult.

Nun gab es natürlich auch andere Studierende mit Kindern. Aber die hatten ja ihre Partner... genau so, wie später die anderen Mütter im Kindergarten. Ja, klar gibt es Kontakte, aber  gelegentliche Treffen alle paar Monate ersetzen nicht das, was einem fehlt, wenn man richtig allein ist. Die Probleme sind meistens auch etwas anders - selbst, wenn es unter diesen einige gibt, die die ganze Woche größtenteils allein sind, weil ihre Männer arbeiten gehen, ist das - entgegen deren eigener Einschätzung - nicht "fast alleinerziehend". Und nein, da schüttet man nur bei den wenigsten (eine gab es, glücklicherweise, und gibt es bis heute...) gern sein Herz aus darüber, wie bescheiden es einem geht.

Ganz abgesehen davon, dass man unheimlich viel Schmerz und Trauer in sich trägt und mit seiner früheren Beziehung eine Menge Probleme am A**** hat.

Wobei ich da noch zu den glücklichen zähle, die zu dem Papa ein recht gutes Verhältnis pflegen. Das war aber im ersten Jahr noch nicht so klar; auch er litt heftig unter der Trennung und ging auf seine eigene Weise damit um; eine Weise, mit der ich massive Probleme hatte und die mir große Sorgen machte. Aber es ging, wir holten uns Hilfe, gaben uns gegenseitig viele, viele Chancen und nun hat es sich gut eingepndelt - ohne seine Unterstützung hätte ich mein Studium an den Nagel hängen können. Aber das erste Jahr war trotzdem furchbar.

Ich suchte also Anschluss und wollte andere Alleinerziehende finden. Einmal ging ich zu einem Treffen eines Vereins - und wusste, dass ich auch da absolut nicht hingehörte. Die Frauen dort waren so... anders. Da war nichts mit einer netten Begrüßung und gegenseitigem Interesse. Ich war froh, als ich wieder weg war.

Tja.

Viel blieb da nicht mehr. Wochenlang waren die einzigen Erwachsenen, mit denen ich ein paar freundliche Worte wechselte - neben den Erzieherinnen beim Bringen und Abholen meines Kindes - die Kassierer/innen im Supermarkt vor der Tür. Ich hatte den Eindruck, dass sie froh waren, mich zu sehen. Schätzungsweise 50% der Klientel dort kamen, um sich mit Zigaretten, Alkohol und Fertiggerichten einzudecken. Zu meinem Sohn waren sie auch immer wahnsinnig nett. Also die Mitarbeiter im Supermarkt.

Die Zeit dort zehrte an mir. Ich war vom Regen in die Traufe gekommen und mir steckten auch noch andere Zeiten in den Knochen; der Tod meines Vaters und die schlechten Beziehungserfahrungen, die ich in meinen Zwanzigern gemacht hatte sowie Traumata aus jener Zeit; Traumata, die ich mir bis dahin nie eingestanden hatte, weil ich mir, wie das mal so ist, selbst die Schuld an allem gab.

Wenn ich heute Bilder von damals anschaue, sehe ich, wie ich verzweifelt versucht habe, meinem Sohn alles so schön wie möglich zu machen. Denn bei allem, was ich damals entbehrte, war das Schlimmste und Tragischste für mich das, was, ich meinem Sohn meinte anzutun. Allein hätte ich es in diesem Ghetto-Haus noch ertragen können. Aber mit diesem kleinen Wesen, das so auf mich angewiesen war, dessen Geschichte der ersten Lebensjahre ich schreiben würde, war es einfach nur schmerzhaft und kaum auszuhalten.

Ich war randvoll mit Trauer: Trauer, weil mein Sohn nicht in der heilen Welt groß werden würde, die wir ihm schenken hatten wollen und auch großer Trauer für seinen Vater und mich. Auch, wenn ich nicht mehr mit ihm zusammen sein wollte, war ich unendlich traurig für uns beide. Als wir uns trafen, waren wir so glücklich - beide hatten wir vom Leben die totale Breitseite abbekommen und waren voller Hoffnung, gemeinsam zur Ruhe zu kommen... wie bitter wurde diese Hoffnung enttäuscht. Und wir hätten es beide verdient gehabt, unsere Ruhe im Familienglück zu finden. Es war einfach nur furchtbar schwer zu ertragen.

Ja, diese Erinnerungen fühlen sich an wie Blei. Schwer und bedrückend.

Und vor drei Tagen machte ich mich auf den Weg dorthin zurück, um ein Paket abzuholen, das ich versehentlich an die alte Adresse hatte schicken lassen und bei der Gelegenheit dem Hausmeister - der beste der Welt und das einzig Positive an diesem grauenhaften Haus - noch einen Schlüssel zu übergeben.

Danach machte ich einen Spaziergang - einen Weg, den ich früher oft gegangen war, durch einen mit Strommasten gespickten Grünstreifen mit Aussicht auf Schlote, Schnellstraße und Hochhäuser. Ich hörte gerade Musik von Angus & Julia Stone - Musik ist doch immer wieder gut, um ans Innere heranzukommen (darum höre ich in meiner Exil-Zeit eigentlich gar keine Musik!). Die Sonne stand schon tief und alles leuchtete warm. Und da kam es endlich - mir stiegen die Tränen in die Augen; mir wurde klar, dass ich mir auch Leid tun durfte. Nach über einem Jahr Abstand konnte ich endlich auch Mitleid mit mir, Sonja, haben, die sich vier Jahre durchgekämpft hat in ihrem Exil,  einsam, traurig, vollkommen überlastet, erschöpft und emotional völlig ausgeblutet.




Ich spazierte an einer Brücke vorbei und sah aus dem Augenwinkel, dass da etwas hingesetzt wurde. Ein kleiner Plüschlöwe, nass und verdreckt. Ich ging hin und wollte ihn fotografieren, weil er, wie er da saß, so sinnbildlich war für die Einsamkeit, an die ich mich gerade erinnerte. Und als ich ihn gerade fotografieren wollt, wurde mir klar, dass ich ihn mitnahm. Und nun ist der Löwe bei uns.



Ein paar Schritte weiter kam dann die Fußgängerunterführung, die mir so vertraut war. Dort sitzen eigentlich immer Obdachlose und einem, der eine Weile immer dort war, hatte ich damals auch immer etwas gegeben. An jedem Tag war keiner da, scheinbar war er kurz weg. Was ich dort aber sah, passte so gut zu meiner emotionalen Lage, zu meinem Thema, dass ich es auch fotografierte - man muss genau hinschauen:



Nun ist das Kapitel endgültig abgeschlossen. Nein, ich hatte kein Bedürfnis danach, noch einmal hineinzugehen oder im Supermarkt vorbeizuschauen und hallo zu sagen. Meine Situation zur Zeit bietet immer noch Luft nach oben, verglichen zu dem, wie andere Familien zusammenleben und was sie sich gönnen können - aber im Vergleich zu damals ist das hier der Himmel. Und immerhin weiß ich jetzt, wie es sich anfühlt, ganz unten zu sein - und dass ich auch das überlebe.














Mittwoch, 9. Dezember 2015

Was tun bei (Liebes-)Kummer?

Christine hat in ihrem Blog "Mama arbeite" die Frage in den Raum gestellt, was bei Liebeskummer zu tun sei: Spricht man mit den Kindern darüber, wenn Kummer einen sehr belastet?

Meine Antwort darauf ist ein ganz klares Ja. Natürlich! Weil Verschweigen niemandem hilft:

  • Wir wissen, welche feinen Antennen unsere Kinder haben und werden von ihnen auch damit konfrontiert, wenn sie unsere emotionale Schieflage spüren. Ich weiß von mir, dass es mir - abgesehen von allem, was ich mir darüber denke - emotional maximales Unbehagen bereitet, wenn ich weiß, etwas stimmt nicht und ich kann nicht einordnen, warum. Ich gehe stark davon aus, dass unsere Kinder das ähnlich erleben. Ich möchte nicht, dass mein Kind ein solches Unbehagen spürt.
  • Ich muss mich verstellen. Das stengt an, frisst Ressourcen! Für mich persönlich gesprochen kann ich hier nur sagen: Ich brauche meine Ressourcen. Jede noch so kleine Anstrengung, mich zu verstellen, stresst mich ungemein. Langfristig mag das nicht so sehr ins Gewicht fallen, aber in jedem Moment, in dem ich belastende Gedanken in mich hineinfresse, habe ich eine kürzere "Zündschnur", als sonst. Ich habe dann nicht die Kraft und Geduld, die ich sonst habe und die ein Kind, egal in welchem Alter, einfordert.
Kann es per se auch gut sein, mit seinen Kindern über seine Sorgen zu sprechen? Meiner Meinung nach: Absolut, ja! Auch hierzu habe ich ein paar Überlegungen:
  • Wenn wir unseren Kindern auch unsere Niederlagen mitteilen, lernen sie, dass so etwas zum Leben dazugehört. 
  • Sie lernen uns als Menschen mit Gefühlen besser kennen.
  • Sie werden irgendwann erkennen, dass wir ihnen vertrauen und das hoffentlich als Einladung verstehen, sich uns auch mit ihren Gefühlen anzuvertrauen.
  • Sie können von uns lernen. Wir sind die Modelle, an denen sich unsere Kinder orientieren und können ihnen zeigen, dass man seine Gefühle zugeben darf und auch, dass es einem hinterher besser geht. Und, wie man mit (Liebes-)Kummer umgehen kann.
Die entscheidende Frage ist gar nicht so sehr ob, sondern wie ich mit meinem Kind über solche Dinge spreche.

Als mein Sohn kleiner war, habe ich ihm erklärt, dass die Liebe im Herzen sitzt. Liebe hat er schon früh verstanden. Dass Mama ihn liebt und er die Mama und den Papa und die Oma. Dass auch Erwachsene sich lieben, aber dass das eine andere Liebe ist, die auch wieder weggehen kann, anders, als die Liebe zum Kind, die bleibt immer, weil sie im Herzen ganz fest sitzt.

Bei kleineren Kindern kann man mit Gestik und Mimik (und vielleicht einem Kuscheltier oder zweien?) viel veranschaulichen, auf sein Herz zeigen und sagen: Mein Herz ist heute schwer. Mich hat jemand nicht so lieb, wie ich ihn habe und das macht mich traurig. Ich denke ganz viel darüber nach und bin gerade nicht so fröhlich, wie sonst. Du musst Dir aber keine Sorgen machen, das geht wieder vorbei!

Das Kind wird vielleicht nachfragen - wer? Warum hat er dich nicht lieb?

Vermutlich wird es auf jede Frage eine Antwort geben, die allgemein genug ist, aber trotzdem das Kind als Gesprächspartner würdigt. Aber da wir die Tendenz von kleineren Kindern kennen, an jede Antwort eine neue Frage anzuhängen, darf man dem Ganzen auch einen Schlusspunkt setzen: "Jetzt weißt Du, warum ich ein bisschen traurig bin. Ich möchte aber nicht so viel darüber sprechen und lieber etwas Schönes mit Dir machen. Hast Du Lust auf ...?".

Bei Teenagern finde ich übrigens auch, dass ein (relativ) offenes Gespräch ein toller Vertrauensbeweis sein kann. Aber natürlich ist die Hürde der Selbstoffenbarung da um einiges größer. Vor allem, weil Teenies wohl nicht so sehr am Liebesleben ihrer Mütter interessiert sind. Dennoch könnte der Satz: "Hör zu, ich bin gerade etwas gereizt/traurig. Stell Dir vor: Deine Mutter hat Liebeskummer!" halb-humorig, aber sehr ehrlich, zumindest die Last von den Schultern nehmen, sich verbiegen zu müssen.

Das heißt natürlich nicht, dass wir unsere Kinder zu unseren Kummerkästen machen und sie mit unseren Sorgen belasten dürfen - aber wenn wir offen darüber sprechen, dürfte das weniger belastend sein, als wenn wir ständig gereizt oder niedergeschlagen sind und das von den feinen Antennen unserer Kinder empfangen und gefühlt wird.

Und: Wenn wir unseren Kindern gestatten, uns ein klein wenig aufzumutern, sofern sie von sich aus kommen und z. B. mit einer Umarmung reagieren, oder einfach nur ihr Mitgefühl ausdrücken, erfahren sie Selbstwirksamkeit: Sie können die Mama trösten!

Zu guter Letzt halte ich es für einen wohltuenden Schritt für sich selbst. Ein weiterer Schritt, den Kummer zu verarbeiten: Wir leugnen unseren Kummer nicht vor unseren Kindern und damit auch nicht vor uns selbst.

Und wenn die Kinder selbst einmal Liebeskummer haben, vertrauen sie sich vielleicht auch uns einmal an.

Sonntag, 6. Dezember 2015

Weihnachten?!

Im Vereinbarkeitsblog wird heute gefragt, wie bei uns Doppelagentinnen der Advent so läuft, also eher hektisch oder besinnlich. Ich antworte hier, weil es so gut passt:

Mein Schlachtplan:

  • Mindestens einen Monat vor Weihnachten einen Zeitplan machen. Der hat zwar in den seltensten Fällen etwas mit meinem Privatleben zu tun, aber wenn er fertig ist, sehe ich genau, an wie vielen Tagen ich überhaupt noch Freizeit habe. Dieses Jahr sind es bis Weihnachten noch genau: Null. Jedes Wochenende ist mit Arbeit verplant, der Junge ist beim Papa.
  • Plätzchen: Plätzchen?! Kein einziges. Der Illusion gebe ich mich schon gar nicht mehr hin...
  • Weihnachtsgeschenke werden online bestellt. Nein: Wurden. In der Regel das ganze Jahr über und irgendwann ist dann auch Weihnachten, auf jeden Fall immer rechtzeitig. Beschenkt werden genau vier Personen: Kind, Mutter, Cousine + ihr Mann. Bisher kam immer eine selbstgemachte Komponente mit unter den Baum, auch dafür habe ich dieses Jahr keine Zeit. Tja. Alle sind vorgewarnt, es wird also keiner enttäuscht sein, dass es heuer keine selbstgesiedete Seife, Konfitüre oder Stollenkonfekt gibt.
  • Dieses Jahr verzichte ich sogar auf mein heißgeliebtes Menü - die Familie bekochen ist eigentlich mein absolutes Highlight. Dieses Jahr: Raclette.
  • Deko: Eine Woche vor dem ersten Advent und zwar genau zwei Adventskränze. Beide aus Blech, trotzdem hübsch und Kerzen habe ich das ganze Jahr. Die Jahre zuvor holte ich immer alles raus, dieses Jahr habe ich festgestellt, dass weniger mehr ist. Und gleichzeitig doch weniger, nämlich: Weniger Zeug, das beim Abstauben im Weg herumsteht. Ach ja, die Weihnachtsservietten hätte ich fast unterschlagen. 
  • Allerdings wird ein Segment aus dem Wohnzimmerregal komplett leergemacht und mit Weihnachtsbüchern und CDs gefüllt, die wir jedes Jahr herausholen.
  • Und jetzt kommt's: Ich konnte mich zu einem Plastikbaum durchringen. Ja, furchtbar! Aber: Über die Jahre gerechnet günstiger als ein echter, weniger Dreck durch herabfallende Nadeln, ich habe ihn immer daheim und muss keinen mehr besorgen und er ist hübsch! Und fast doppelt so groß, wie die 20-Euro-Miniaturbäumchen, um die es mir zudem irgendwie immer Leid tat.
Klingt total unromantisch, oder?

Weihnachten ist trotzdem mein Lieblingsfest. Ich bin kein Christ und dennoch bedeutet es mir viel. Es ist für mich ein Fest, bei dem es um Liebe und Licht geht in einer kalten und dunklen Zeit. Und zwar physikalisch und gesellschaftlich dunkel, dieses Jahr ganz besonders!

Meine schönsten Kindheitserinnerungen verbinde ich mit Weihnachten. Ich höre die Musik im Wohnzimmer meiner Eltern noch immer, habe die Gerüche in der Nase, als wäre es gestern gewesen. Auch unsere kleinen Traditionen, wie die vorweihnachtlichen Ausflüge mit meinem Vater oder die Messinganhänge, die meine Eltern sich gegenseitig an die Geschenke machten oder unsere Weihnachtspyramide, haben sich vor allem in mein emotionales Gedächtnis eingebrannt; von diesen Erinnerungen werde ich wohl mein Leben lang zehren.

Wie holen wir uns aber heute unsere besinnlichen Momente, wir zwei . zu der Zeit, in der klassischerweise bei mir die Arbeitslast immer ihr Jahreshoch erreicht?
  • Jeden Morgen gibt es eine schöne, ruhige und festliche Kinder-CD mit Liedern, Geschichten und Gedichten.
  • Wenn ich die Wohnung nicht gleich am Morgen verlassen muss, was zurzeit fast immer der Fall ist, wird eine Kerze angezündet. 

 


  • Eines unserer täglichen Highlights ist die Adventskalender-App und zwar der Adventskalender von Jackie Lawson: Das Türchen wird beim Frühstück am Tisch geöffnet, ähm: Angeklickt. Danach folgen die anderen Adventskalender.


  • Und Abends gehören Weihnachts-CDs, Kerzen, Räucherkegel und natürlich Vorlesen zu unserem Programm (Sandmännchen-Adventskalender-Geschichten. Mindestens). Mein Sohn darf danach häufig im Wohnzimmer auf dem Sofa eingekuschelt noch eine CD anhören und wenn er dabei einschläft, trage ich ihn ins Bett. Meist spielt er aber nur, dass er eingeschlafen ist, und ich muss so tun, als sei er tatsächlich eingeschlafen und ihn trotzdem in sein Zimmer tragen...
  • Kleine Spaziergänge am Abend bringen noch ein wenig Zauber in den Alltag. Die schönen Lichter überall versetzen uns für eine Weile in einen richtig aufgeregten Zustand voller Vorfreude.
  • Nicht zu vergessen das geschmückte Fenster im Kinderzimmer: 
Ich hoffe, das ist das letzte richtig stressige Weihnachten. Ich wünsche mir sehr, dass ich nächstes Jahr wieder ein bisschen weniger "ökonomisch" vorgehen muss.

Am 24. ist mein Sohn tagsüber beim Papa und kommt spät nachmittags zu mir. Bis dahin werde ich den ganzen Tag kitschige Musik hören und den Tisch festlich herrichten und am 25. und 26. dann vor allem: Einen Gang runterschalten mit den Menschen, die mir am meisten bedeuten.





Freitag, 4. Dezember 2015

Quality Time

Freitagabend ist derzeit so ziemlich das einzige, das mein kleiner Master und ich gemeinsam vom Wochenende haben. Ok, den Samstagmorgen noch. Das geht nun bis Weihnachten so.

Das ist gerade in der Vorweihnachtszeit besonders schade - an den Adventssonntagen wird er ausnahmslos bei seinem Papa oder bei der Omi aufwachen. Trotzdem habe ich ihm natürlich 24 Babysöckchen gefüllt, wie jedes Jahr, und die etwas größere Süßigkeit gibt es eben schon am Freitagabend. 

Solche Zeiten sind nicht neu. Seit Jahren gibt es sie, diese Phasen, in denen ich so unter Zeitdruck arbeite, dass mein Kleiner sehr viel Zeit bei Omi oder natürlich auch Papa verbringt. Oma ist aber die besser planbare Adresse.

Zum einen waren da immer die Prüfungsphasen, die Klausuren lagen passenderweise in jedem Wintersemester um seinen Geburtstag herum - eine am Tag davor, eine am Tag danach - oder so. Und Klausuren gab es ja nach jedem Semester. 

Zudem habe ich nun im dritten Jahr einen Job, der mir immer in den Weihnachtsferien und Ende Januar - richtig: Genau vor den Klausuren - einen Haufen Arbeit verursacht: Ca. 450 oder mehr Seiten Korrekturarbeiten und Supervision bei 15 Gesprächen. Und das macht so richtig Spaß - aber im Hintergrund läuft die Zeit für meine eigenen Prüfungen...

Und so kommt es, dass ich gerade im Winter immer sehr gut loslassen können muss. 
Mein Sohn hat sich noch nie beschwert - Geburtstag feiern wir nach und er liebt es bei Oma auf dem Land und auch bei Papa, der ja immer tolle Sachen mit ihm unternimmt. Ab ca. dem dritten Genurtstag haben Kinder Erinnerungen - mein Junge kennt es nicht anders.

Früher fiel mir das noch schwerer, mittlerweile komme ich damit klar. Und versuche immer, im Alltag möglichst viel Qualität einzubauen - wir hören morgens beim Frühstück unsere Weihnachts-CDs an, gucken gemeinsam in den (okay..... die) Adventskalender, oft brennt die Kerze im Adventskranz  und natürlich lese ich oft vor. Ha, und mittlerweile liest mein kleiner Master mir auch was vor! Flüssig und unglaublich süß. 

Am Samstag lassen wir den Tag gemütlich beginnen mit Frühstück in Ruhe und optimalerweise Pfannkuchen. Dann verabschieden wir uns, ich mache den Haushaltrskram, der wochentags liegen geblieben ist, und kleinere Arbeiten und am Sonntag sitze ich am Schreibtisch, bis ich mein Kind wieder hole. 

Und dann wäre da noch der Freitagabend - der gehört jetzt uns und "Hotel Trassilvanien". Wir haben keinen Fernseher, dafür aber einen Miniprojektor und einen Streamingdienst, und nun wird Kuscheln gefordert, weshalb ich ab sofort und bis auf Weiteres keine Hand mehr zum Schreiben frei habe. ;-)




Donnerstag, 3. Dezember 2015

Bitte einmal kneifen

So schnell kann es gehen.

Beendete ich gestern meinen Eintrag mit der ersten (von bisher zwei, die zweite kam noch spät nachts) Antworten auf meine E-Mail, in der ich händeringend um Verbreitung meiner Umfrage bat, kann ich heute berichten, dass die Zahl meiner Teilnehmerinnen sich innerhalb von nur sechs Stunden um sagenhafte 50% vergrößert hat!

Das habe ich vor allem Sarah von mutterseelenalleinerziehend.de zu verdanken. Nachdem sie auf ihrer Facebook-Seite meine Umfrage teilte, klingelte es fast minütlich, manchmal sogar mehrmals die Minute, in meinem Postfach.

Ein Blick auf die Statistik: In kürzester Zeit sprang die Anzeige um 20 Teilnehmerinnen, es wurden mehr und mehr und irgendwann dachte ich mir, an diesem Tag würde ich die nächste 100er-Hürde schaffen.

Pustekuchen. Es wurden zwei Hunderter-Hürden.

Und der Zähler steht noch nicht still. Seit ich gestern - viel zu spät - ins Bett ging, kamen wieder zehn Datensätze hinzu und auch in diesem Moment sitzt eine Probandin an der Beantwortung meiner vielen Fragen.

Ich hab mich ein paarmal gefragt, ob ich träume. :-)

Viele Teilnehmerinnen lassen mir mit der E-Mail, die sie mir wegen des Gewinnspiels und/oder der Ergebnisse schreiben, ein paar Zeilen zukommen, über die ich mich sehr freue. Alle sind so nett und so ermutigend!

Überwiegend erhalte ich viel Lob und auch Dank - aber auch kritische Stimmen gehören dazu, die mich daran erinnern, wie vielfältig Menschen und ihre Situationen sind: Die stets freundliche und konstruktive Kritik bezieht sich zumeist auf Faktoren, die eine besondere, persönliche Situation kennzeichnen und die dann natürlich in meiner Befragung vermisst werden.

Tatsächlich lassen solche Befragungen wenig Spielraum für Individualität - das ist der große Nachteil von Statistik. Wenn es am Ende um die nackten Zahlen geht, geht die wunderbare Einzigartigkeit jeder Persönlichkeit über Bord und die vielfältigen Herausforderungen der Schicksale und Lebenssituationen können kaum gewürdigt werden.

Die Erklärung hierfür klingt schon fast bedrückend nüchtern, aber gleichzeitig macht sie psychologische Forschung erst möglich.

In solchen quantitativen Arbeiten geht es um die Masse. Um den Durschschnitt, den Standard. Das Wort "Normalität" bekommt für Statistiker eine völlig neue Bedeutung. Individuen werden in ihren Merkmalen unter einer Verteilungskurve verortet, die den Bereich abbildet, in dem man 64,2% der interessierenden Population - je nach Fragestellung - als "normalen", nicht größer abweichenden Bereich, vorstellt.

Die Grafik hier (Quelle: http://entwicklungsdiagnostik.de) veranschaulicht das, was einen Statistiker ab Tag eins für den Rest seines Lebens verfolgt:


Unter diesem "Hügel" zwischen -1 und +1 bzw. "-SD" und "SD" findet sich das, was in einer Gruppe als "Normalität" gelten kann - dabei bedeutet "normal" aber nichts anderes als "durchschnittlich".

Wenn man das weiß, kann man sich in etwa vorstellen, welchen Platz Individualität in der Forschung hat. :-/

Diese Normalverteilungskurve gilt für unzählige Merkmale, aber alle kann man natürlich in einer einzigen Arbeit nicht mit einbeziehen.

Merkmale, die relativ (!) selten vorkommen, haben sicherlich einen Einfluss auf das, was man "misst" (z. B. hat eine schwere chronische Erkrankung in der Kernfamilie sicherlich eine Auswirkung auf die Belastung einer Mutter und wird sich in den Angaben, die sie macht, auch zeigen), aber am Ende wird alles in Zahlen übersetzt und besonders belastete Fälle sind dann als Extremwerte oder "Ausreißer" in den Daten zu erkennen.

Dann weiß man zwar noch nicht, warum die Person überdurchschnittlich belastet ist - aber nachdem überdurchschnittlich belastete Personen auch überall zu finden sind (also nicht nur bei alleinerziehenden Müttern, sondern auch bei Vätern, Rettungssanitätern, Piloten, Krankenpflegern, Bauarbeitern, Schichtarbeitern... etc.) spielt das für die Forschungsfrage erst einmal keine Rolle, wenn es keine direkten Zusammenhänge mit der Gruppe gibt, die man untersucht (Alleinerziehende und chronische Krankheit zum Beispiel).

Natürlich könnte man aber ebenso gut Mütter in besonderen Belastungssituationen oder speziell Mütter mit chronisch erkrankten Kindern untereinander vergleichen - je nach dem, was man untersucht - bleiben wir bei Belastung - würde auch hier die Verteilungskurve darstellen, dass der Großteil innerhalb dieser Gruppe mittelmäßig belastet ist, einige über- oder unterdurschschnittlich und einige extrem - weswegen, das wüsste man nicht.

Und so darf man sich Forschung als eine endlose Aneinanderreihung von Merkmalen unter Normalverteilungskurven vorstellen. Sie ermöglicht es uns, zu vergleichen, ob z. B. Mütter mit pflegebedürftigen Eltern oder Mütter von chronisch erkrankten Kindern sich bezüglich ihres Wohlbefindens, ihrer Belastung oder anderen Merkmalen voneinander unterscheiden oder Fragen zu beantworten, wie stark der Zusammenhang zwischen dem Schweregrad der Erkrankung beim Kind und Stresssymptomen bei der Mutter ist.

Dabei kann (und sollte!) man möglichst viele relevante Merkmale mit einbeziehen - alle gehen jedoch nicht. Man beschränkt sich auf die, zu denen man eine umfassende, abgrenzbare Theorie hat - in einer einzigen Arbeit muss das auch überschaubar sein.

Für meine Fragestellung untersuche ich ganz bestimmte, ausgewählte Faktoren, über die ich mir im Vorfeld viele Gedanken gemacht und viel gelesen habe. Und welche das sind, werde ich natürlich noch darlegen, wenn das Ganze unter Dach und Fach ist.

Nun steht unsere Individualität nach diesem Text etwas traurig und verloren da. Das ist sie aber nicht.

In der Forschung geht es darum, so gut wie möglich herauszufinden, was für die meisten Menschen zutrifft ("passt"). Und das ist ein Fass ohne Boden. Praktiker - Therapeuten zum Beispiel - sind ständig damit beschäftigt, sich auf den aktuellen Forschungsstand zu bringen, der entweder einen alten widerlegt, aber meist sind es neue Facetten und Details, die dazukommen.

So nüchtern Statistik nun in diesem Posting "weggekommen" ist, muss man, um sie wirklich zu verstehen und interpretieren zu können, sehr genau hinschauen und jeden einzelnen Wert im Kontext sehen, die Methode durchdenken und kritisch hinterfragen.

Am Ende hat man neues Wissen hinzugewonnen, das man in dem Moment, in dem man es mit einer lebenden, echten Person zu tun hat, mit einbezieht, wenn es darum geht, sie zu therapieren. Im Falle einer Mutter, die Hilfe braucht, weil sie mit ihren Kräften am Ende ist, würde der Therapeut nach der Info "Ich habe ein Kind" nicht aufhören, sie nach ihren Lebensumständen zu befragen. Wenn er dann noch hört "Das Kind ist chronisch krank." wird bei ihm sein gesamtes Hintergrundwissen und sein Erfahrungsschatz aktiviert und er wird abrufen, mit welchen zusätzlichen psychischen Belastungen Mütter chronisch kranker Kinder zu kämpfen haben. Und das würde bei jeder Einzelheit passieren, die er über die Person erfährt, bis er ein möglichst klares Bild dieser Person hat - vollständig wird es dennoch nie sein.

Und so bekommt auch die nüchterne Statistik ihre Berechtigung, denn sie ist das Handwerkszeug, aus dem die wesentlichen Informationen gezogen werden. Und auch diese werden nie vollständig sein.

Eine weitere Motivation für mich, noch möglichst viele Fragen zu beantworten! :-)

Und zum Schluss noch ein beliebter Statistiker-Witz:


(Quelle: http://mathcoachblog.com/)

Mittwoch, 2. Dezember 2015

Neues von der Masterarbeits-Baustelle

Heute packe ich endlich mal wieder die Gelegenheit beim Schopf, ein wenig über den aktuellen Stand meiner Arbeit zu berichten. Sehr häufig komme ich nicht zum Blog-Schreiben, da ich im Grunde genommen den ganzen Tag am Rotieren bin - der Tag bräuchte derzeit ca. fünf Stunden mehr.

Meine Befragung ist nun seit ziemlich genau vier Wochen im Feld; bisher habe ich 305 Datensätze, die ich verarbeiten kann.

Das klingt erst einmal gut.

Problematisch ist allerdings, wie sich die verschiedenen Familien-/Beziehungsmodelle verteilen: Ich habe 158 Teilnehmerinnen, die verheiratet sind, 75 Singles sowie 42, die mit einem Partner zusammenleben und 30 mit einem Partner in getrennten Wohnungen.

Da insbesondere die Gruppe der Alleinerziehenden "mit neuem Partner in getrennten Wohnungen" genauer untersucht werden soll, sind 30 Probandinnen in der Stichprobe recht wenig.

Ergo war es heute einmal wieder an der Zeit, viele E-Mails zu schreiben und um Hilfe zu bitten. Acht E-Mails gingen im Lauf des Vormittags ins Land und ich hoffe, dass sich noch einige UnterstützerInnen finden werden und das möglichst bald, denn ich stelle fest, dass mich die Unsicherheit bezüglich meiner finalen Stichprobe hemmt, den theoretischen Hintergrund schriftlich auszuarbeiten.

Ja, gerade läuft wieder so eine Phase, in der ich nicht wirklich entspannt bin. Neben der Frage, ob bezüglich meiner Masterarbeit alles gut geht und ich auch sämtlichen anderen bürokratischen Kram noch rechtzeitig hinbekomme (bzw: nichts verschwitze!) wird die Frage lauter: Und was dann?

Wenn alles gut geht, habe ich Anfang April meinen Abschluss und möchte dann endlich, endlich!!! finanziell unabhängig sein und vor allem ein klein wenig mehr Geld zur Verfügung haben. Ich habe zwar ein unfassbares Glück hinsichtlich der Unterstützung, die ich bekomme, aber es ist nicht das, wo man sich als erwachsene und sehr leistungsbereite Frau sehen möchte. Ich möchte davon endlich frei sein.

Nur: Werde ich so schnell etwas passendes finden?

Mein Traum wäre nach wie vor eine 20-Stunden-Stelle an der Uni - wohl wissend, dass es mit 20 Stunden an der Uni nicht getan ist - und eine Doktorarbeit. Ich habe so um diesen Abschluss gekämpft und habe so vieles "im Vorbeigehen" gelernt, mir für Prüfungen ins Gedächtnis geprügelt und nie war wirklich Zeit, sich mit einem Thema so intensiv zu befassen, wie ich es gern getan hätte. Einmal möchte ich ein Thema in der angemessenen Breite und Tiefe erforschen und eine Promotion kann als Psychologin nur Vorteile haben.

Was wären die Alternativen?

Therapeuten-Ausbildung sicher nicht. Noch einmal 3-5 Jahre, Seminare und vor allem: 20.000 - 30.000 Euro, die man angeblich streckenweise in der Ausbildung wieder "reinarbeiten" kann, aber so ganz nebenbei leistet man hunderte Stunden unbezahlte Arbeit in der Klinik. Und das mit Ende Dreißig, als Alleinerziehende? Sicher hätte ich nachher einen komfortablen Job - aber auch einen, den ich gar nicht unbedingt will, nicht jetzt und eigentlich überhaupt nicht.

Tja, hier hören meine Überlegungen zumeist wieder auf. Es gibt noch eine weitere interessante Fachausbildung, weniger teuer und danach hat man einen noch besser bezahlten Posten, unabhängig von der Gunst von Krankenkassen - über die Details will ich mich hier aber dann doch nicht so sehr auslassen. Und vor allem ist mit einer Weiterbildung die wichtigste Frage noch nicht geklärt und das ist die nach dem Lebensunterhalt.

An dieser Stelle denke ich mir, dass ich heute in einem Jahr bestimmt schlauer bin. Ein Jahr kann so vieles verändern... wenn ich nur daran denke, was sich zwischen dem 2.12.2014 und heute so alles getan hat! Das vergangene Jahr war definitiv eines der besten seit langem. Und auch vor einem Jahr war ich gar nicht sicher, was die nächste Zeit mir bringen würde.

Schon hier hat mir die Erfahrung gut getan, dass es möglich ist, die Dinge auf sich zukommen zu lassen. Mit genug Vertrauen darin, dass alles gut wird, bin ich auch in meiner Entwicklung weiter gekommen.

... und schon habe ich eine E-Mail mit einer Zusage, mein Projekt zu unterstützen, bekommen. Und schon bin ich ein klein wenig entspannter.

Dienstag, 24. November 2015

Wenn sich Stress ankündigt

... wie es aktuell der Fall ist, hilft nur noch eins: Planung. Daran habe ich mich vorgestern wieder erinnert und mich gleich an die Arbeit gesetzt.

Früher - also in meiner "Exil"-Zeit, in der das Studium mit maximalem Zeitaufwand und Leistungsdruck verbunden war - gehörte das zum Standard. Jede Woche vorbereiten und zwar fast minutiös. Wenn eine Klausur auf mich wartete, wusste ich drei Monate vorher, wie viel Stunden mir  - netto - für die Vorbereitung zur Verfügung standen. Kein Witz. Und auch jetzt wird es Zeit, mir über den Zeitplan mehr als nur ein paar Gedanken zu machen. Semesterende ist der 31. März, wenn ich bis dahin alles unter Dach und Fach haben möchte, sollte ich in etwa bis zum 1. März abgegeben haben, damit noch ausreichend Zeit für die Korrektur und das Organisatorische ist.

Das wären noch genau 14 Wochen. Klingt erst mal ziemlich komfortabel, aber 14 Wochen sind nicht gleich 14 Wochen Zeit für die Masterarbeit. Vor allem nicht im Wintersemester, in dem ich arbeite - zwar insgesamt nicht viel, aber wenn, dann geballt. 

Das bedeutet, dass ich vor allem in den Weihnachtsferien kaum zu meiner Masterarbeit komme, da ich in diesen zwei Wochen Seminararbeiten korrigiere - 15 x 30 Seiten, manchmal mehr, manchmal weniger - ich schätze, mich erwartet ein dicker Stapel Papier. An jeder Arbeit sitze ich - mit Glück - nur zwei Stunden, wobei das stark von der Qualität abhängt. Bei guten Arbeiten reicht es, sie inhaltlich zu korrigieren - bei schlechten hat man schon allen zwei Stunden damit zu tun, Ausdruck, Rechtschreibung und Interpunktion zu korrigieren und danach darf man den meist nicht sehr erfreulichen Text noch einmal lesen, um auch über den Inhalt nachzudenken. Solche Arbeiten sind wahre Zeit- und Energiefresser. 

Und das, wohlgemerkt, in den Weihnachtsferien. Und hier geht es schon los mit der Planung: Der Hort hat natürlich geschlossen und es gibt ganz viele Feiertage, an denen ich natürlich auch ein wenig Zeit mit meinem Sohn haben möchte, in Ruhe... viel bleibt davon nicht: 

Am 25., 26. und 27. Dezember ist er bei mir, 
von 28. auf den 29. bei seinem Papa, 
am 30., 31. und 1. Januar auch wieder bei mir, jedoch bringe ich ihn 
am 1. Januar schon zu seiner Oma, wo er bis zum 3. Januar bleibt - 
dann haben wir den 4. Januar wieder zusammen und 
am 5. und 6. ist er nochmal bei seiner Omi. 

Das klingt so, als ob er verdammt viel weg ist und wenn ich das so zusammenrechne, ist er auch die halben Ferien unterwegs. Für mich ist eine Woche netto aber gerade genug, um diesen Papierkrieg zu bestreiten und dafür wenigstens die Tage mit meinem Kind zu genießen. Das ist dann wieder das Positive, auf das man sich immer (!) fokussieren sollte - sonst bringt einen das schlechte Gewissen um. 

Für meine Masterarbeit bedeutet das wiederum, dass ich von 14 Wochen schon mal zwei abziehen kann.

Ich habe vor, meine Erhebung bis nach Weihnachten laufen zu lassen - noch vier Wochen. Davon verbrate ich eine für meine  Nebenfach-Hausarbeit... mittlerweile ist sie fertig geschrieben, aber die ganzen Zitationen und Transskriptionen aus dem Arabischen müssen vervollständigt werden - und sie müssen absolut fehlerfrei sein, da damit die Note steht und fällt. Da wiederum muss ich mich erst mal einlesen und zwar gründlich. Islamwissenschaftler haben für ihre schriftlichen Arbeiten nämlich mal ein so ganz anderes System. Für mich eine große Umstellung und natürlich fehleranfällig. Dafür gebe ich mir eine Woche.

Bleiben 11 für die Masterarbeit - und das ist wirklich nicht viel. Eine gute Zeiteinteilung ist unumgänglich., das bedeutet, dass ich mit der statistischen Analyse eigentlich erst im Januar anfangen kann, wenn die Korrekturen zu Ende sind. Wenn ich mir drei Wochen für die Berechnungen gebe, bin ich am 29. Januar damit fertig. 

In dieser Zeit stehen aber auch nochmal 22,5 Stunden Arbeit an (Gespräche supervidieren). Und ich hoffe, dass ich das Glück habe, das an maximal vier Tagen machen zu können - besser wären drei - die Zeiteinteilung muss mit anderen Supervisorinnen abgesprochen werden und ich habe zudem jeweils 2,5 Stunden Fahrzeit pro Tag. In der Zeit muss für die Betreuung meines Sohnes am Abend gesorgt werden. Wenn ich allerdings Pech habe, darf ich an 10 Tagen für zwei, drei Stunden Arbeit durch die Gegend fahren - ganz blöd! Und ja, das Thema macht mich ein bisschen nervös.

Am 1. Februar stelle ich meine Arbeit im Kolloqium vor, das heißt, dass ich die letzte Januarwoche auch noch an einer Präsentation sitzen werde, die ich, wenn ich es geschickt mache, immer nebenher erstelle. 

Dann habe ich noch vier Wochen, um den Ergebnisteil und die Diskussion zu schreiben und das Ganze in eine präsentable Form zu bringen - auch hier sind die Richtlinien das A und O und das ist nicht gerade meine Stärke... die Zeit ist ein Albtraum.

Für mich heißt das, dass ich vor Weihnachten mit der Arbeit für mein Nebenfach sowie Theorie- und Methodenteil für die Masterarbeit fertig sein muss. Im Idealfall habe ich vorher schon Zeit, mich in die statistischen Analysen einzudenken. Denn manches von dem, was mir vorschwebt, ist völliges Neuland für mich und ich hoffe inständig, dass mich das nicht ausbremsen wird.

Im Grunde ist der Zeitplan ganz in Ordnung, aber mein Spielraum ist knapp. Ein optimaler Arbeitstag beginnt für mich um 8 Uhr und endet um 16 Uhr - 8 Stunden, von denen ich ca. eine Stunde Pause(n) abziehen kann - also 7 Stunden täglich "netto"- Arbeits- Schreibtischzeit. Die habe ich aber nur, wenn ich nicht plötzlich vor der Frage stehe, was es eigentlich zu essen gibt und mir auffällt, dass wir keine saubere Wäsche mehr haben oder ich vormittags nicht ans Telefon gehe, wenn die Nummer meiner Mutter oder einer Freundin draufsteht - zu Hause zu arbeiten hat so seine Tücken... 

Um meinen "Daheim"-Job also noch einigermaßen gut hinzubekommen, muss ich mich jeden Sonntag abends hinsetzen und die Woche durchplanen, damit möglichst wenig "Fehler" passieren. Jeder Einkauf, jede Mahlzeit wird durchdacht. Jede Verabredung abgewägt. Jeder Arzttermin möglichst so gelegt, dass er mir nicht den Arbeitstag zerreißt. 

Das ist natürlich alles die optimale Planung, die bedeutet, dass unter der Woche 35 Netto-Stunden an meinen Arbeiten basteln kann - Einkäufe mache ich nach 16 Uhr, da darf der Junge (der mich immer schimpft, wenn ich ihm um 16.15 Uhr vom Hort hole, weil er immer gerade am Spielen mit seinen Freunden ist...) dann auch mal ein bisschen länger bleiben. Wenn ich ihn geholt habe, schauen wir uns die Hausaufgaben gemeinsam an, dann mache ich ihm das Abendessen (ein Thema für sich bei einem mäkeligen Esser). Neuerdings geht der Junge erst um 20 Uhr ins Bett, nachdem er bei seiner bislang üblichen Zeit - 19 Uhr - nicht mehr einschlafen konnte. Während er nach dem Essen (das bei ihm wirklich lange dauern kann) spielt, kümmere ich mich um den Haushalt und mit etwas Glück springt noch eine halbe Stunde Zeit für uns beide raus, in der wir ein Spiel machen oder (Vor-)Lesen. 

Meistens kommt  danach der obligatorische Anruf bei  meiner Mutter, dann bereite ich den nächsten Tag vor (Kalender sichten, Kaffeemaschine füllen, Klamotten rauslegen, Post-Its schreiben, Verbindungen für die öffentlichen raussuchen bei Bedarf) und irgendwann um 21 Uhr habe ich dann auch Feierabend. Um 6 klingelt der Wecker und ich brauche eigentlich 7-8 Stunden Schlaf, aber so schnell komme ich am Abend nicht runter, dass ich es bis 22 Uhr ins Bett schaffe... meist wird es Mitternacht, ganz schlecht.

In den letzten Wochen habe ich mein straffes Programm etwas schleifen lassen - ich habe einfach mal eine Zeit gebraucht, in der ich den Fuß vom Gas nehmen konnte - aber das ist nun definitiv vorbei. Ich muss mir angewöhnen, jeden Sonntag Abend meine Planung zu machen für die kommende Woche und dafür in Kauf  nehmen, dass es spät wird: Letzten Sonntag war es 1.00 Uhr, bis ich ins Bett kam - Montags muss ich dann Schlaf reinholen und um 22 Uhr ins Bett gehen. 

Der Blick auf die Uhr sagt mir, dass von meinem heutigen Arbeitstag schon wieder fast drei Stunden ins Land gestrichen sind - aber so ein bisschen gehört der Blog ja zur Arbeit dazu (und die Unterbrechungen durch Anrufe meiner Mutter, die zur Zeit fast täglich neue "Baustellen" hat: Kaputter Boiler, kaputtes Auto, neue Fenster, kaputtes Ceranfeld...). Die Zeit am Vormittag kann ich mir heute außerdem gönnen, da mein Sohn heute von seinem Papa abgeholt wird und bei ihm übernachtet - mein Zeitfenster ist also flexibler. Da die Papa-Tage hier sehr unterschiedlich liegen, kommen immer wieder mal freie Abende hinzu, was mir innerhalb eines Tages Spielraum verschafft und notfalls kann ich auch Wochenend-Tage mit Arbeit zupflastern, denn oft genug verbringt mein Sohn Wochenenden bei Omi und neuerdings auch zweimal im Monat bei seinem Papa - dafür vermutlich künftig weniger bei Omi. 

Nun kam mein Sohn hier im Posting viel zu kurz - ein weiteres mal werde ich darüber sprechen, wie wir zwei unsere "Quality-Time" nutzen. Denn die haben wir auch - und auch die muss eingeplant werden... Ungeplantes (meist wenig erfreulicher Natur, "jemand krank" oder "was kaputt", wie letzthin erst meine externe Festplatte...) kommt erfahrungsgemäß noch genug! ;-)


Samstag, 21. November 2015

Entspannung

Gerade ist es recht ruhig in meinem kleinen Blog. Das liegt mitunter daran, dass ich furchtbar viel um die Ohren habe, von Terminen beim Arzt, Arbeiten an der Wohnung, Vorweihnachts-Vorbereitungen, private - nicht allzu schwerwiegende, aber Zeit raubende - Turbulenzen und dann natürlich... meine Masterarbeit.
Nun hätte ich gerade einmal ausführlich Zeit, den aktuellen Stand zu berichten... da lockt die einmalige Möglichkeit, mich tagsüber für ein Nickerchen hinzulegen. Nicht, dass ich die Zeit dafür nicht ab und zu hätte - nur fehlt mir meist eins: Die innere Bereitschaft, es auch zu tun. Entspannung - ein seltener Gast. Und da sich die gerade eingeschlichen hat.... ab ins Bett für ein Stündchen!

Sonntag, 15. November 2015

Ganz viel, ganz schnell, ganz: Ich.

Huh, es ist passiert!
Heute - 12 Uhr mittags. Das Interview!

Es war ein tolles Gespräch mit Alexandra und ich habe
      ganz viel 
      ganz schnell
geredet.

Und
     ganz oft
"also" gesagt!

:D

Puh! Nachher war ich nicht sicher, ob ich mir das anhören kann. Ich habe es dann aber doch gemacht und bin überrascht, weil meine Stimme so ganz anders klingt, als ich erwartet hatte.

Aber nach einer halben Stunde mir selbst zuhören haben sogar mir die Ohren gequalmt.

Und voilá, hier ist es:
http://www.starkundalleinerziehend.de/sua028-sonja-king-sucht-antworten-macht-ein-neuer-partner-alleinerziehende-wirklich-gluecklicher/

Alexandra war eine tolle Gesprächspartnerin, auch vorher und nachher :-) und ich freue mich, dass ich sie kennengelernt habe und in ihrem Podcast dabei sein durfte! Danke, liebe Alexandra!


Donnerstag, 12. November 2015

Rückmeldungen meiner Teilnehmerinnen

Meine Befragung ist nun eine Woche im Feld und ich bin mit der Zahl der Teilnehmerinnen sehr zufrieden. Nach einem anfänglichen Schub lässt die Teilnahme nun ein wenig nach, aber dennoch kommen jeden Tag neue Datensätze hinzu und eine weitere Welle werde ich nächste Woche starten.

Was mich aber noch mehr freut, ist das Feedback, das mir viele Frauen zukommen lassen:

"Die Teilnahme an Ihrer Umfrage hat mir viel Spaß gemacht. Aufgrund dieser Reflexion ist mir bewusst geworden, wie gut es mir geht und was ich alles Gutes in meinem Leben habe."

"Danke für ihre Arbeit! Ich freue mich, dass mal nachgehakt wird, wie es uns (emanzipierten, selbstoptimierten, selbstbewussten, ständig gestressten......) Müttern eigentlich so geht ;-)."

"eine gut ausgearbeitete Umfrage"

"Ich muss Sie mal loben, für die tollen Umfrage Fragen. [...] Da nahm ich mir gern Zeit, um mir alles durchzulesen."

"Sehr angenehme Umfrage!"

"Tolle Umfrage, Kompliment."

"Die Fragen waren sehr interessant, auch mal wieder zur Selbstreflexion. :-)"

"Eine interessante Umfrage, bei der man bei einigen Fragen ganz schön "in sich gehen" muss..."

Solche Rückmeldungen machen mich ungeheuer stolz. Meine Teilnehmerinnen sind mir wichtig - erstens, weil ich natürlich ohne sie total aufgeschmissen wäre und weil ich weiß, wie kostbar jede Minute freie Zeit ist, wenn man Kinder daheim hat. Sich hinzusetzen und teils schwierige Fragen zu beantworten, die das tiefste Innere erkunden, kann ganz schön anstrengend sein! Außerdem erkunde ich sehr persönliche Lebensbereiche und meine Teilnehmerinnen gewähren mit Einblick in einen substanziellen Teil ihrer Privat- und Intimsphäre. Was hier von fremden Müttern für mich geleistet wird, betrachte ich nicht als Selbstverständlichkeit!

In meinem Studium hat mir die Theorie zu psychometrischen Tests und Diagnostik immer viel Spaß gemacht - sowohl die Mathematik, die dahinter steckt, als auch die ethischen Gedanken und die Gütekriterien. Abgesehen von (unter anderem) Validität (Gültigkeit: Körpergröße misst man mit der Waage, nicht mit dem Zollstock - so kann man auch die Gültigkeit von psychologischen Fragebögen bemessen) und Reliabilität (Zuverlässigkeit: Ist die Waage richtig geeicht?) fand ich besonders Ökonomie, also Wirtschaftlichkeit, und Zumutbarkeit für die Probanden immer sehr wichtig und habe versucht, das in meiner aktuellen Umfrage so gut wie möglich umzusetzen. Daher die vielen "Verzweigungen", von denen meine Teilnehmerinnen natürlich nichts mitbekommen: Sie "hangeln" sich von Frage zu Frage durch und bekommen nichts vorgelegt, das auch nur eine Minute ihrer Zeit verschwenden oder sie mit Dingen konfrontieren könnte, die mit ihrer Lebenssituation nichts zu tun haben. Insofern bekommen Singles Fragen zur Beziehungszufriedenheit nicht mit der Ankreuzoption "Ich habe keinen Partner" präsentiert, sondern bei Ihnen werden diese Fragen einfach komplett ausgeblendet.

Trotzdem hatte ich natürlich ab und zu Zweifel und machte mich auf auch negative Rückmeldungen gefasst - bisher hat nur eine einzige Probandin die Länge bemängelt. Stattdessen bekomme ich lauter nette und positive Rückmeldungen und darüber freue ich mich - wie auch über jedes Einzelne "Viel Glück bei der Masterarbeit" oder "Viel Erfolg noch im Studium!"

Also, liebe Teilnehmerinnen: Ihr seid toll und ich danke Euch ganz herzlich für Eure wertvolle Zeit und Unterstützung!

 

Sonntag, 8. November 2015

Schlafen in Zeiten flexiblen Wohnens

Letzter Ferientag. Nach einem schönen Nachmittag mit Freunden inklusive einem ausgedehnten Waldspaziergang sowie einer oberleckeren Bisquitrolle zum Nachmittagstee liegt nun ein frisch gebadeter junger Mann in meinem Bett und hört noch eine Folge "Benjamin Blümchen"-gute-Nacht-Geschichten, bevor er in sein Bett umzieht.

Neulich sah ich auf Facebook ein tolles Bild: Eine riesengroße, selbst zusammengestellte Familien-Kuschelhöhle, in der sowohl ein Elternpaar, als auch die drei Kinder bequem Platz zum Schlafen fanden (hier: Artikel (Kveller)). Ein Traum.

Das Thema "familiäres Schlafen" war für mir schon immer wichtig. Als wir noch zwei (werdende) Eltern waren, war klar: Wir fanden es als Kind beide großartig, zu Mama und Papa ins Bett zu kriechen, also musste unser Bett groß genug sein, um unserem Kind diese Möglichkeit auch zu bieten. Und bald stand - sponsored by Oma - ein 4 m² Naturholzbett in unserem Schlafzimmer.

Also schlief das Kind zuerst im Babybalkon auf meiner Seite, dann im umgebauten Kinderbettchen (seitlich offen) und wanderte nachts immer näher zu mir heran, bis er bis zum Morgen unter meiner Decke lag. Herrlich! Manchmal eng, aber einfach unendlich süß.

Mich störte das nie. Ich gehe sogar so weit, zu sagen: Als jemand, der früher phasenweise mit massiven Schlafstörungen zu tun gehabt hatte, war das schlafende Kind neben mir eine Erlösung. Ab dem Tag seiner Geburt schlief ich selbst wie ein Kind und die Unterbrechungen durch nächtliches Gequäke waren schnell geregelt. Mich hat es nie gestört, das Kind zu versorgen, weil sich das quasi von selbst erledigte und nicht besonders aufwändig war, da das quasi im Schlaf ging. Sobald der Junge zufrieden war, war ich es auch, und abgesehen von ein paar etwas anstrengenderen Phasen, in denen er öfters wach wurde, kann ich rückblickend nur sagen, dass wir einen tollen Weg für uns gefunden hatten. Selbst, wenn er phasenweise darauf bestand, dass sein Kopf mit auf meinem Kissen liegen muss. Das ging sogar ziemlich lang so...

Dann kam die Trennung und als wir unsere Habe aufteilten, waren nur zwei Dinge dabei, die mir wirklich wichtig waren und die ich unbedingt haben wollte (und auch ohne Diskussion bekam, obwohl ersteres nicht von mir mit in den Haushalt gebracht wurde): Der Universalzerkleinerer und das Bett.

Das Bett kam also mit. In der zwei-Zimmer-Wohnung, die ich mit dem Jungen bezog, gab es zunächst kein Kinderzimmer, sondern ein Schlafzimmer und ein Wohnzimmer. Es war klar, dass Schlafen weiterhin Familiensache blieb - der Junge war knapp über anderthalb Jahre alt und brauchte nachts einfach noch seine Mama, was auch völlig okay war.

Bis er drei Jahre alt war blieb das auch die Raumaufteilung. Aber dann kam irgendwann der Wunsch nach einer räumlichen Neustrukturierung, weil es mich nervte, dass überall Spielzeug herumflog. Im Grunde habe ich überhaupt kein Problem mit Spielzeug und ich teile gern jeden Quadratmeter Lebensraum mit meinem Kind, aber ich bin auch ein Mensch, der unheimlich schnell reizüberflutet ist - da ist das Leben mit Kindern an sich schon eine ziemliche Herausforderung. An konzentriertes Arbeiten ist erst recht nicht zu denken, wenn man am Tisch sitzt (und wir reden hier auch nicht von einem Schreibtisch, sondern einem sehr großen Esstisch, der nach wie vor ein Doppelleben führt) und um einen herum aus jeder Ecke knallbunte Teile brüllen: Irgendwann musst du mich aufräumen! Sonst macht es nämlich keiner! 

Damit mein Sohn sich, seine Holzeisenbahnstrecke, sein Bobbycar, achthundertvierundsechzig Pixi-Hefte, seine Fisher-Price-Quäke, seine Bücher, seine Lego Duplo und sämtliches Geröll seiner Kugelbahn gleichmäßig auf einer Fläche verteilen konnte und ich wieder ein ruhigeres Umfeld für mich bekam, wurde aus dem Schlafzimmer ein Kinderzimmer.

Das war der Punkt, an dem ich mit meinen eigenen Klischees über Alleinerziehende konfrontiert wurde: Alleinerziehende haben kein eigenes Schlafzimmer, sondern nächtigen im Wohnzimmer.

Oh. Mein. Gott.

Jetzt bin ich eine davon.

Das aller-bedauernswerteste Bild, das ich früher vor meinem geistigen Auge gehabt hatte, war die Alleinerziehende, die auf dem Sofa - bestenfalls einer Ausziehcouch - im Wohnzimmer schläft: Demütigend. Für mich gehört ein Mensch nachts in ein Bett. Ein Bett, das morgens gemacht wird und dann den ganzen Tag dazu einlädt, sich nach einem anstrengenden Tag darin lang zu machen, den schweren Kopf auf ein weiches und duftendes Kissen zu betten, sich die kuschelige Decke bis zur Nase zu ziehen und in maximaler Geborgenheit, schnurrend, in Morpheus' Arme zu begeben.

Das war natürlich nur mein Bild, meine Vorstellung, meine Wertung. Aber sie führte dazu, dass ich darauf bestand, meine 4 m²-Oase mit ins Wohnzimmer zu nehmen. Ich hätte lieber auf ein Sofa verzichtet, als auf mein Bett. Und ein kleineres kam nicht infrage: Natürlich schlief der Junge nach wie vor nur bei mir ein. Und durch. Nicht immer unbedingt in der Position, die das Format einer 100x200-cm-Matratze vorsieht, sondern auch gern mal diagonal. Oder quer. Aus einem 200x200er-Bett zu purzeln schafft auch nicht jeder. Mein Sohn kann sowas. Undenkbar, wenn da nur 40 cm gefehlt hätten.

So begann das, was ich "flexibles Wohnen" nenne und was ich bis heute -  auch nach meinem Umzug weiterhin Bewohnerin einer "nur"-2-Zimmer-Wohnung von immerhin 60 m² - so gut wie möglich perfektioniere:

Es gibt ein Kinderzimmer und ein Wohn-Schlaf-Arbeits-Esszimmer. Mit vier Quadratmetern Liegefläche.

Die natürlich immer noch gern von meinem Kleinen mit genutzt werden.

Manchmal kann ich den Gedanken nicht wegschieben, dass ich wahnsinnig gerne ein eigenes Schlafzimmer hätte. Für mich allein taugt diese kleine "Multifunktionszone": Mein Bett ist optisch abgetrennt und bildet meine Ruheoase, daneben habe ich eine kleine Sitzecke. Der große Tisch steht von Montag bis Freitag am Fenster, wo er als Schreibtisch dient, und wandert am Wochenende in die Mitte der kleinen Ess-/Arbeitsecke, wo er am Samstag und Sonntag, sofern der Kleine nicht unterwegs ist, zum Essen und Spiele spielen genutzt wird. Und ein paar Mal im Jahr, um Gäste darum zu versammeln und diese ordentlich zu bekochen - meine absoluten Highlights. Ich liebe es, für Freunde Essen zu machen.

Und mein Sohn - liebt nachts immer noch meine Nähe, die ich ihm auch gern gewähre  - weniger günstig ist nur, dass im Grunde auch meine Küche mitten im Wohnzimmer positioniert ist: Sie ist innen liegend, hat also auch keine Fenster (dafür aber eine echt laute Dunstabzugshaube), vom Flur aus begehbar und führt durch eine Schiebetür direkt ins Wohnzimmer (das hat aber auch noch einen extra-Eingang vom Flur aus). Sie ist nicht gerade groß, also kein Raum, in dem man sich auch mal länger aufhalten kann. Wenn der Junge in meinem Bett liegt, belagert er also sozusagen meinen kompletten Rückzugsraum/meine Aufenthaltsmöglichkeiten und da ich ihn nicht wecken will, nimmt mir das ganz schön viele Freiheiten. Ebenso wird er zwar morgens nicht vom Wecker wach, aber spätestens, wenn ich zwischen Bad und Küche unterwegs bin, wacht er auf - was nicht so wäre, wenn ich ein Schlafzimmer hätte, hinter dem ich einfach die Tür zumachen kann.

Das ist so ein kleiner Traum von mir. Entweder eine Wohnküche - oder ein Schlafzimmer für mich. An sich wäre eine richtige Trennung von Wohnzimmer und Küche auch schön.

Trotzdem liebe ich meine Wohnung.



Sie hat das wunderschönste Licht, das man sich vorstellen kann, liegt im Grunde mitten in der Stadt und ist ruhig. Wir werden die Grundschulzeit meines Sohnes mit Sicherheit hier wohnen bleiben und danach ist er zwar in einem Alter, wo er wahrscheinlich nicht mehr Abend für Abend wahlweise fragt, ob a) er in meinem Bett einschlafen darf oder b) ich ihn nachts zu mir hole, wenn ich ins Bett gehe. Eventuell bringt er aber mal - ebenfalls vorpubertäre - Freunde mit nach Hause, und die Vorstellung allein lässt mich wünschen, dass ich dann etwas mehr Privatsphäre habe und die Tür zu meinem Schlafzimmer zumachen kann.

Mittleweile ist der kleine Kerl in seinem eigenen Bett und ich habe wieder mal wieder kein Buch, keine Kochzeitschrift gelesen und keinen Film angeschaut - wie jeden Abend läuft das mit dem gepflegten Müßiggang nicht wirklich.

Nachdem mein Sohn in den Herbstferien so gut wie jede Nacht, die er nicht außer Haus war, bei mir verbracht hat, wird mir etwas fehlen, wenn ich später meine Oase aufsuche. Nur weiß ich eben, dass der Morgen für mich wesentlich angenehmer anläuft, wenn ich auf ihn keine Rücksicht nehmen muss - was meistens auch nicht verhindert, dass er wach wird, ihm eine Stunde Schlaf fehlt und ich morgens in der ersten Stunde nach dem Aufstehen wesentlich mehr akustischen Input bekomme, als meine gute Stimmung vertragen kann. Klar beiße ich die Zähne trotzdem zusammen und lächle, aber es ist einfach nicht dasselbe, wie wenn ich die erste Stunde Ruhe hatte, meinen Sohn frisch geduscht nach dem ersten Kaffee mit einem Hexspruch (er liebt Bibi Blocksberg) oder einem aktuellen Running Gag wecken kann.

Also muss es mit einem Blick auf das schlafende Kind in seinem Bett und einem träum-süß-Küsschen auf die Stirn gut sein. Die Zeit, in der ich das Abend für Abend tue, wird schneller vorbei sein, als ich "Pubertät" sagen kann...

Mittwoch, 4. November 2015

... und große Freude um 15.36 Uhr

... denn die erste Teilnehmerin hat meinen Fragebogen bearbeitet!

Ich habe mich so gefreut, dass ich ihr gleich einen Gutschein über € 25.- geschickt habe. :-)

Es stellt sich ein erster Anflug von Erleichterung ein.

Kleiner Schock um 13.00 Uhr

Oh. Mein. Gott.

Ich hab's getan. Nachdem ich morgens noch herumeierte und mich mit mir darauf einigte, spätestens am Freitag mit meiner Umfrage ins Feld zu gehen, habe ich vor ein paar Minuten auf ein "Absende"-Button geklickt.

In einem Forum.

Das auch tatsächlich aktiv ist und nicht seit 3 Jahren ausgestorben.

In einem Posting, in welchem ich meine Umfrage verlinkt habe.

Mit gültigem Link.

Der auch wirklich zu meiner Umfrage führt.

An der ich jetzt nichts mehr ändern werde.


Jawohl.

...
...
...

*kreisch!*

Warten...

warten...

warten...

Schon sieben Minuten vergangen und noch kein Erdbeben. Kein Anruf vom Lehrstuhl, dass ich nicht mehr betreut werde. Keine Zwangsexmatrikulation.

Acht Minuten.

Ob ich  mal rüberlinse, ob der  Beitrag schon angeklickt wurde?

Ein Klick.

OK. Kein Wunder, dass die Welt noch in Ordnung ist...

Zehn Minuten.

Mir wird langweilig. Eigentlich sollte ich noch wo anders posten.

Wie wär's mit hier?

http://www.unipark.de/uc/Familie_Beziehung_Wohlbefinden/

Oh je.

Atmen.

Atmen.

Atmen.

Und jetzt schnell ablenken und die Wohnung aufräumen. Das hilft. Bestimmt.

13 Minuten. Ich klebe hier an meinem Stuhl fest. Mist.

17 Minuten. Ich schaue mal, wo ich als nächstes poste....

38 Minuten. In zwei weiteren Foren gepostet.

41 Minuten. Ich gucke mal ins EFS-Survey-Menü (Umfrageprogramm):


Hm.

Also gut. Programm zumachen. Foren zumachen. Und erst morgen früh wieder reinschauen.

Falls bis dahin die Welt nicht zufällig untergegangen ist. Und ich keinen Anruf bekommen habe, dass meine wissenschaftliche Karriere im Eimer ist, bevor sie richtig begonnen hat.

Atmen nicht vergessen.

Ein... aus... ein... aus...




Montag, 2. November 2015

Letzte Vorbereitungen

Wenn der letzte Gedanke vor dem Schlafengehen am Sonntag ist, dass man jetzt eigentlich Wochenende bräuchte, ist das nicht die beste Voraussetzung für einen produktiven Montag. Noch weniger gut wird die Prognose dann, wenn man am nächsten Morgen mit Druck im Kopf aufwacht und sicher ist, dass man etwas ausbrütet und dringend zur Apotheke muss.

Auf der Plus-Seite: Söhnchen wurde morgens vom Papa abgeholt, ist nun eine Nacht dort und dann noch eine Nacht bei seiner Oma. Ich bin glücklicherweise in der Lage, dass so etwas recht regelmäßig stattfindet. 

Insofern ist die Tagesbilanz ganz okay. Wieder ein bisschen Fragebogen-Feinschliff erledigt - irgendwann muss ich damit einfach aufhören! - und Kontakt mit diversen Redaktionen aufgenommen, die bereits im Juni (!) ihre Unterstützung zusicherten. Denn eigentlich war der Anfang der Datenerhebung für Ende Juli bis Anfang August geplant.

Die Hemmschwelle, mit so einer Befragung online zu gehen, ist sehr hoch. Und in dieser steckt unheimlich viel Arbeit. Es sind sehr viele Fragen und bei mir hat das Gütekriterium "Zumutbarkeit" (für die Teilnehmerinnen) einen hohen Stellenwert. Gerade, wenn man eine sehr heterogene Gruppe untersuchen will, braucht man einfach nicht jedem die selben Fragen zu stellen oder auch jede Antwortoption (das meiste sind Fragen zum auswählen, ähnlich wie multiple Choice) zu präsentieren. 

Das hat zu einem sehr komplexen Fragebogen geführt, hinter dem ein ausgeklügeltes Filtersystem von Bedingungen und Logik-Regeln steckt - das macht ihn natürlich auch fehleranfällig. Nach -zig Testläufen inklusive Dokumentation ist eigentlich absolut sicher, dass alles stimmt, aber ich muss trotzdem zugeben, dass ich aufgeregt bin. Mein Nervenkostüm hat ob dieser ganzen logischen Verknüpfungen und wenn-dann-Bedingungen wirklich einiges an Federn gelassen.

Parallel dazu schreibe ich meine Einführungstexte, z. B. für Postings in Communities, jetzt schon - damit ich dann an meinem "großen Tag" alles gut über die Bühne bringe und nicht dann auch noch an Formulierungen hängen bleibe. Es ist schwer, den Überblick zu behalten und darauf zu achten, dass man auch überall adäquat schreibt. Ich habe ja eine große Zielgruppe, aber es sind nicht alle gleich und manche interessiert vielleicht auch etwas anderes. 

Ich werde zum Beispiel vielleicht auch bei städtischen Einrichtungen anfragen und da denke ich doch, dass der wissenschaftliche Hintergrund wichtiger ist, als meine Persönlichkeit. Da geht also ein eher formeller Text mit einem Exposé in der Anlage hin. Spreche ich Menschen über ein "persönlicheres" Medium - soziales Netzwerk zum Beispiel - an, ist meine Persönlichkeit wieder wichtiger, als meine methodischen Skills es sind. 

Aber eigentlich bin ich so weit, dass ich mich einfach kopfüber in die Erhebung stürzen könnte! Wenn ich morgen früh genug Zeit habe und nicht mit schmerzender Stirn über einem Topf mit heißem Wasserdampf hänge, schaffe ich vielleicht, auch den letzten Zweifel über Bord zu werfen und mit meiner Erhebung online zu gehen. 

Besonders gefreut hat mich die Anfrage einer Redaktion, ob man aus meinen Ergebnissen vielleicht einen Artikel für die Leserinnen machen könnte. Dieses Interesse ist für mich natürlich so etwas wie ein Ritterschlag! 

Wie aufregend!

Freitag, 30. Oktober 2015

Wie ein freier Tag bei mir aussieht

Naja, so wirklich ein freier Tag war es nicht, aber es ist ein Tag, an dem ich nichts für die Uni gemacht habe.

So etwas muss ich jedoch immer erst mit mir ausdiskutieren:

Kann ich mir das wirklich leisten? - Nein, im Moment kann es gar nicht schnell genug weitergehen.

Brauche ich das? - Ja! Ich habe seit Montag jeden Tag gut 12 Stunden gearbeitet (Arbeit = Zeug für die Uni + Haushalt + Kind versorgen. Netto-Schreibtischzeit belief sich aber bestimmt auch immer zwischen 8 und 10 Stündchen, ohne Däumchen drehen): Zwischen Dienstag und Donnerstag einen Blog und einen Twitteraccount ins Leben gerufen, diverse Anschreiben verfasst und mit verschiedenen Personen Kontakt aufgenommen, Testläufe mit meinem Fragebogen durchgeführt und viele Stunden mit Gesprächen verbracht, um familiäre Dinge und Sachen in Bezug auf meinen Jungen abzuklären. Ich habe pro Nacht durchschnittlich unter sechs Stunden geschlafen, mein Sohn kam an drei Nächten davon nachts zu mir ins Bett gekrabbelt, inklusive Rotznase, und heute Morgen zogen Kopfschmerzen an. Ganz ehrlich, als ich heute im Vorbeigehen mein Spiegelbild in einem Schaufenster sah, dachte ich mir nur: Shit!

Da tat der Entschluss richtig gut, heute einen Bogen um den Schreibtisch zu machen: Erst mal in Ruhe einkaufen gehen und auch dem Zuhause wieder mal ein wenig Aufmerksamkeit schenken, in Form einer Runde mit dem Staubsauger zum Beispiel - oder, den Wäscheständer, auf dem die Klamotten mittlerweile schon fast knusprig getrocknet sind, endlich mal abräumen und für ca. zwei Tage in seine Ecke stellen.

Und nun steht ja Halloween vor der Tür. Endlich der Leidenschaft für das Makabre, Skurrile und Gruselige frönen! Jedes Jahr ist die Vorfreude darauf ab etwa August groß - und jedes Jahr passiert es, dass dieser Tag to-tal plötzlich kommt! Ach - note to self - auf youtube nach Gruselgeräuschen suchen, das kommt gut, geht schnell und kostet nix.

Der Einkauf für das gruselige Familienessen, zu dem ich seit acht Jahren einlade, ist auf jeden Fall erledigt. Nahm etwas Zeit in Anspruch, da ich Einkäufe im großen Konsumtempel eher selten mache und mich dem entsprechend immer wieder mal staunend in irgendwelchen Gängen verliere. Zudem bin ich die 2,5 km hin und zurück zu Fuß gegangen, um mich mal wenigstens wieder ein bisschen zu bewegen, weil ich ansonsten ja eigentlich nur mit meinen vier Buchstaben auf einem Stuhl klebe.

Nächster Programmpunkt: Gesprächstermin. Zwei Stunden.

Danach: Fix in die Stadt, was erledigen.

Anschließend: Sohn im Hort einsammeln. Mit ihm kurz noch am Supermarkt vorbei, weil natürlich heute morgen doch etwas gefehlt hat. Dann endlich nach Hause.

Die wie-viel-bin-ich-heute-gelaufen-App sagt: 9,9 km.

Gegen Ende war es nur noch ein sich-durch-die-Arbeiten-des-restlichen-Tages-Schleppen. Um 18.30 Uhr ist die Verlockung groß, ins Bett zu kippen. Also setze ich mich aufs Sofa, um mich mit dem Schreiben eines Blogeintrags in Gang zu halten. Der Tag ist noch länger nicht vorbei...

Als ich aus dem Schlaf aufschrecke, weil Söhnchen ins Wohnzimmer platzt, ist es 19.30 Uhr. 

Der Körper holt sich, was er braucht.

Und die Seele geht auch nicht leer aus. Mein Kind kommt an, um... mir was vorzulesen! Ich platze vor Stolz!




Donnerstag, 29. Oktober 2015

Und gezwitschert wird auch.

Was für ein Tag. Vor 48 Stunden hatte ich noch nicht mal einen Blog. Und jetzt habe ich nicht nur das, sondern auch einen Twitteraccount.

Ich bin ja nicht gerade der schüchternste Mensch, aber so kopfüber in einen öffentlichen Raum, das ist schon... nun ja. Ein ziemlicher Schritt, würde ich sagen.
Bisher habe ich social media nur sehr eingeschränkt genutzt. Meine facebook-Freundesliste wird regelmäßig geleert - selten bleibt mal jemand darauf, mit dem ich nichts (mehr) zu tun habe, viele der übrigen sehen nur ein eingeschränktes Profil. Aktuell habe ich 60 facebook-Freunde - und selbst das ist mir noch zu viel.

Aber nun sehe ich es eigentlich als eine ganz gute Gelegenheit, mich mal ein bisschen hinaus zu trauen.

Und irgendwie macht es auch Spaß! Ich schreibe ja gern und es hilft mir ein bisschen, aus dem Quark zu kommen. Die Arbeit hat sich durch diese Programmiererei so fürchterlich hingezogen und nun muss ich endlich mal auf die Tube drücken.



Es geht was!

Meine Arbeit ist ja nun in einer entscheidenden Phase: Der Rekrutierung. Wer mit dem Wort in diesem Zusammenhang nicht so vertraut ist:

So romantisch klingt es, wenn man Leute sucht, die sich im Dienste der Wissenschaft als Teilnehmerinnen (Probandinnen) zur Verfügung stellen.

Gar nicht so leicht! Bei meiner Bachelorarbeit - da hatte ich ein Thema aus dem klinischen Bereich, nämlich Essstörungen - arbeitete ich ebenfalls mit einem online-Fragebogen, der ähnlich umfangreich war, wie der, der nun kommen wird. Am Ende hatte ich sage und schreibe einen Datensatz von 386 Frauen! Ich wäre fast vom Stuhl gekippt, das war besser, als ich es mir je erträumt hätte!

Aber auch die musste ich erst mal erreichen und das gelang mir überwiegend über Internet-Foren, aber auch über einen Blog und wenige facebook-Gruppen.

Facebook wollte ich diesmal auch nutzen und fiel damit böse - ganz böse - auf die Nase. Nicht nur, dass mir mein Name, den ich in einem extra zu diesem Zweck angelegten Klarnamen-Profil zeigen wollte, von facebook (!) nicht abgekauft wurde. So nach dem Motto: "King" - haben wir nicht! Also eben auf eine übersetzte Variante zurückgegriffen. Meinen Ausweis einzuscannen war mir dann doch ein bisschen zu blöd.

Ich war auch so intelligent, sofort nach meiner Anmeldung gleich ganz, ganz viele Gruppen anzuklicken, und das kam facebook dann wohl ein klein wenig verdächtig vor. Ergebnis: Profil gesperrt.

Bei einigen Gruppen hatte ich vorher schon Nachrichten an die Admins verschickt und bekam meist direkt eine Absage, mal mehr, mal weniger höflich. Interessant war die, die mir ein Mann schickte, den ich gar nicht angeschrieben hatte: Viel Aggression, wenig Satzzeichen. Und wenn die wenigen, die mich  unterstützt hätten, mir gestatteten, in der Gruppe zu posten - konnte ich nicht mehr, weil ich gesperrt war. Macht natürlich einen super-vertrauenserweckenden Eindruck.

Ich bin ja ein ziemliches Sensibelchen und war erst mal total verschreckt, es folgten zwei Stunden Weltschmerz ob der grausamen und gemeinen Menschheit und am nächsten Tag ging es weiter mit der Suche. Ohne facebook, ohne Weltschmerz und mit wiedergewonnener Courage - nur auf der Hut, um Menschen voller Aggression und Misstrauen tunlichst und möglichst elegant zu umschiffen.

Da stolperte ich über Dr. Alexandra Widmers Website www.starkundalleinerziehend.de. Cool, dachte ich mir. Eine Frau, die sowas auf die Beine stellt, ist bestimmt mindestens ansprechbar, noch besser interessiert und bestenfalls bereit, mich zu unterstützen. Und schon war die Mail an sie draußen.

Parallel hatte ich Kontakt mit der lieben Uta Tanzer, die zusammen mit Sabrina Sailer www.vereinbarkeitsblog.de mit Leben füllt und mir anbot, meine Umfrage unter die Leute zu bringen. Kurz mit Uta gechattet - schwupp, kam mittendrin die Antwort von Alexandra und am selben Abend telefonierten wir beide miteinander, tauschten uns aus und machten einen Plan.

Dabei einstand die Idee mit dem Blog.

Heute schrieb ich noch ein paar Bloggerinnen an und von Dr. Christine Finke (www.mama-arbeitet.de) hatte ich nach - 10 Minuten?! - schon die nächste Zusage.

Ich LIEBE sowas! :-)

Gerade verfasse ich mein Anschreiben an verschiedene online-Redaktionen, später kommen die Foren dran. Es ist jetzt kurz vor 14.00 Uhr und seit 8.00 Uhr geht es hier am Schreibtisch rund. Langsam raucht mir der Kopf. Auf der nicht vorhandenen To-Do-Liste steht noch, dass ich Twitter mal ausprobieren muss, aber noch wichtiger sind Testläufe mit meinem Fragebogen. Bei Gelegenheit schreibe ich mal was darüber, was für ein Nervenkrieg das Programmieren einer online-Befragung mit zigtausend Filtern bedeutet. Schließlich sollen meine Teilnehmerinnen ja keine Fragen vorgelegt bekommen, die für sie nicht relevant sind - wenn eine Frau beim Familienstand anklickt, dass sie ledig ist, frage ich ja nicht, wann sie geschieden wurde... nur ein Beispiel.

Aber vielleicht jetzt erst mal was warmes zu trinken (...etwas Warmes zu trinken? ...etwas warmes zu Trinken? Hm.). Und dann - so sagt man das ja: Schaumermal.







Mittwoch, 28. Oktober 2015

Das Projekt


Worum geht es?

Mit meiner Masterarbeit möchte ich mich einer Antwort auf viele Fragen annähern, die mich als Alleinerziehende ab einem bestimmten Zeitpunkt brennend interessierten.

Es geht um das Wohlbefinden von Müttern in verschiedenen Lebens- und Beziehungsformen und was zu Ihrem Wohlbefinden beiträgt. Mich interessieren ihre Belastungen, chronischer Stress, empfangene Unterstützung und auch, welchen Beitrag der Partner - auch ein möglicher neuer Partner! - dazu leistet, dass es Frauen mit Kindern gut geht.

Wer kann mir helfen?

Im Grunde kann mir jede Frau helfen, die Kinder zu Hause hat. Dabei ist es ganz egal, ob sie verheiratet ist oder Single oder ob sie einen neuen Partner hat, mit dem sie zusammenlebt - oder nicht! Es dürfen auch ganz frisch Verliebte mitmachen!

Gibt es eine Aufwandsentschädigung?

Eine Aufwandsentschädigung für alle kann ich leider nicht anbieten - da ich niemanden habe, der mich finanziert oder sponsort, kommen alle Aufwendungen aus meiner eigenen Tasche.

Aber natürlich möchte ich mich bei Euch erkenntlich zeigen und verlose im Zuge meiner Datenerhebung amazon-Gutscheine, zwei Stück über € 25.-, drei über € 10.-.

Was aber jede Teilnehmerin bekommen kann, ist ein kleiner Ergebnisbericht - damit Ihr am Ende auch wisst, was meine Fragestellung eigentlich genau war und was dabei herausgekommen ist. Vielleicht könnt Ihr daraus ja auch ein paar Anregungen entnehmen, was Euch selbst gut tun würde und in welchen Bereichen ihr ansetzen könnt, um Eure Situation zu verbessern. Letzten Endes bekommt Ihr hoffentlich zumindest ein Bild davon, wie ihr im Vergleich zu anderen Müttern lebt - in Punkto Stress und Hilfe von anderen zum Beispiel.

Last but not least könnt Ihr auch hier nachlesen, wie die Arbeit so läuft - ob ich mich fühle, wie Superwoman, weil ich einen Meilenstein hinter mich gebracht habe, oder ob ich gerade total am Durchdrehen bin. Gerade Letzteres hat, wenn man meinen Freunden glauben schenkt, wohl einen ziemlichen Unterhaltungswert. :-D

Was kommt auf die Teilnehmerinnen zu?

Meine Fragen kommen ganz bequem über einen Link im Webbrowser direkt auf den Bildschirm und die Teilnehmerin klickt ihre Antworten einfach an.

Da es sich um ein ziemlich umfangreiches Projekt handelt, sollte man ein bisschen Zeit einplanen: 20 Minuten sollten es mindestens sein, noch besser 30, damit man sich die Fragen in Ruhe durchlesen und auch über die Antworten nachdenken kann.

Was passiert mit meinen Daten?

Die Umfrage ist garantiert 100%ig anonym. Ich erfrage keine persönlichen Daten, die meine Teilnehmerinnen identifizierbar machen würden. Lediglich Alter, Land, Schulabschluss, Ausbildung - die müssen einfach immer dabei sein.

Außerdem gebe ich den Datensatz natürlich nicht an andere weiter (wäre ja noch schöner!).

Man kann übrigens auch ein anonymes Fenster im Browser aufmachen, wenn man sich damit noch sicherer fühlt.

Wer am Gewinnspiel teilnehmen will und/oder einen Ergebnisbericht anfordern, der findet am Schluss der Befragung eine E-Mail-Adresse, unter der man mich anschreiben kann (muss nur "Gewinnspiel" und/oder "Ergebnisbericht" im Betreff stehen, dann ist alles klar!). Es ist nicht die Mailadresse, die zum Blog gehört - ich möchte Euch ja motivieren, bis zum Ende durchzuhalten.

Diese Adresse kann auch garantiert nicht mit Euren Antworten in Verbindung gebracht werden.

Noch Fragen? 

Ihr könnt mich gern unter mamamastermuedigkeit@googlemail.de anschreiben, ich werde die Fragen eine Weile sammeln und hier im Blog beantworten!

Und wo könnt Ihr loslegen?

HIER wird noch ein Link erscheinen, wenn die Umfrage startklar ist - spätestens Ende der ersten Novemberwoche!

Lasst es Euch gut gehen!
Sonja




Eine Geschichte über das Alleinsein und große Pläne

Wenn ich anderen Leuten von meiner Masterarbeit erzähle, ist die häufigste Reaktion so in etwa:

"Bist Du irre? Warum machst Du das?! Das ist ja 'ne Doktorarbeit!!! Hätte das nichts Einfacheres sein können?".

Jaaaa.... Hätte es. Aber das wäre mir zu langweilig: Ich liebe Herausforderungen!

Davon habe ich eigentlich genug. Seit etwas mehr als fünf Jahren bin ich alleinerziehend. Das läuft  allerdings (ausnahmsweise) nicht unter "Habe ich mir ausgesucht, weil mir alles andere zu langweilig wäre!" - nein, das war nun wirklich nicht geplant.

Relativ spät hatte ich im Herbst 2007 mein Studium aufgenommen. Der Entschluss dazu rührte daher, dass ich nach dem frühen Tod meines Vater verstand, dass das Leben zu kurz ist, um nicht wenigstens zu versuchen, meinen Traum zu verwirklichen - und dabei auch ein gewisses Risiko und Unannehmlichkeiten (vor allem finanzieller Natur) in Kauf zu nehmen.

Also begann ich das lang ersehnte Psychologiestudium (Ja, ich hätte mir vielleicht vorher überlegen sollen, in welchen Fächern ich das Abi schreibe. Am Ende hatte ich zwar das große Latinum, aber einen Schnitt, der nach "Wartesemster bis zur Rente" aussah... daher auch die "kleine" Verspätung). Ein paar Monate davor hatte ich mich neu verliebt und der Himmel hing voller Geigen.

Im Juni 2008 hielt ich dann einen positiven Schwangerschaftstest in der Hand.

Die existentielle Veränderung Mutter zu werden bedeutet glaube ich für jede Frau einen komplett neuen Anfang. Bei mir war im "Lieferumfang" ein völlig neues, mir absolut nicht vertrautes Betriebssystem enthalten -  ein "Dual Cor" (pun intended, das -e habe ich nicht verbummelt) -Prozessor brauchte Sonja 2.0. Wenn ich heute überlege, was mich als Person ausmacht, waren diese sechs Jahre wohl die prägendsten. Auch wenn ich durchaus aus meiner "ersten" Biografie, in der ich mit massiven Erschütterungen zurecht kommen musste, viele Lernerfahrungen mitgenommen hatte.

Sobald ich schwanger war, ging alles verdammt schnell:

Im August 2008 Umzug in eine größere Wohnung,
Eheschließung im Dezember,
Söhnchens Geburt im Februar 2009 (pünktlich zur Wirtschaftskrise),
im August Umzug in eine kleinere Wohnung mit Garten -
und im Mai 2010 die bittere Erkenntnis, dass meine Ehe eigentlich überhaupt keine Basis hatte.

Ein paar Monate versuchten wir es, aber im Grunde war es eine total hoffnungslose Sache - und im Oktober 2010 zog ich mit dem Kleinkind aus. Zu dem Zeitpunkt war ich auch nach anderthalb Jahren Pause wieder richtig ins Studium eingestiegen.

Es folgten vier Jahre, die ich "Exil" nenne. Die räumliche Nähe von Universität, Kinderkrippe und meiner Wohnung war essentiell, was mich auch aus finanziellen Gründen in ein Wohnviertel beförderte, wo ich völlig abgeschnitten zum Rest meiner Welt mit meinem Kleinen in einem Plattenbau mit 22 Etagen lebte. Hier stiegen die Leute mit Kippe in der Hand aus dem Aufzug aus, die Grünfläche um das Gebäude war eigentlich ein riesiger Aschenbecher und überall lagen Hundekacke, Plastikmüll und zerbrochene Glasflaschen herum. Die Wohnung war zwar schön geschnitten, aber die Fenster gingen bis auf eines nicht mehr auf und die Küche fiel auseinander. Sozialromantik, dachte ich mir - auch gut. Muss man auch mal erlebt haben.

In meinem Exil gehörte ich irgendwie nirgendwo richtig dazu - mit meinen Kommilitionen hatte ich wenig gemeinsam. Zehn Jahre Altersunterschied sind dabei nicht das größte Problem. Viel schwieriger ist es, einen Draht zu und Gemeinsamkeiten mit Leuten zu finden, die im Grunde noch Kinder sind, während man selbst ein Kind hat.

Außerdem war ich anfangs einfach erst einmal grundsätzlich angepisst, wenn jemand weniger Probleme hatte, als ich. Das ging ja gar nicht!

Und in der Gruppe der Eltern (in der Krippe, im Kindergarten) war ich - tatsächlich - immer die einzige Alleinerziehende. Und auch das ist ein Unterschied, den man nicht unterschätzen sollte. Paare machen etwas mit Paaren. Elternpaare machen kaum etwas mit Alleinerziehenden. An den Wochenenden wollen alle etwas mit der Familie unternehmen und nicht viele haben Lust darauf, sich mit einer Alleinerziehenden zusammenzusetzen, die frustriert, gestresst und gereizt ist und echt übel aussieht. Das gilt natürlich nicht für Paare, die man schon lange kennt und mit denen man lang befreundet ist - aber die waren bei mir ja in einer anderen Stadt, eine Stunde Fahrzeit mit den Öffis und jeweils über 8 Euro fürs Ticket entfernt.

In diesen vier Jahren gab es eigentlich nur zwei Dinge: Meinen Sohn und mein Studium. Der Junge war glücklicherweise immer in guten Einrichtungen untergebracht - zunächst in einer studentischen Kinderkrippe, wo man sich sehr liebevoll um ihn kümmerte - und später in einem Montessori-Kindergarten, den er heute noch vermisst, weil er in dieser kleinen Welt einfach total gut aufgehoben war.

Aber ich ging auf dem Zahnfleisch.

Ich hatte ständig Schmerzen und teilweise das Gefühl, nicht mal mehr die Kraft zum Sprechen zu haben. Teilweise ging mir tatsächlich auch meine Stimme flöten - los ging es im Winter 2011, da bekam ich dann Cortison und Sprechverbot. Sprechverbot! Mit einem zweieinhalbjährigen Kind!
Im Jahr 2012 musste ich nach einem beunruhigenden Krebsvorsorgebefund unters Messer und ab da wurde meine Verfassung immer schlechter. Nachts heulte ich in mein Kissen und war nur noch erschöpft. Den Winter darauf war ich fast drei Wochen am Stück auf Antibiose, weil mein Körper nicht mehr die Kraft hatte, die Streptokokkeninfektion, die mein Sohn aus dem Kindergarten mitbrachte, abzuwehren. Und mein Hormonsystem ist dann mal so richtig ausgestiegen.

Ich hatte das riesige Glück, dass das kleine bisschen Verwandtschaft, das ich habe - meine Mutter, mittlerweile 72 Jahre alt, meine Cousine und ihr Mann - mich nach Kräften unterstützten und nach wie vor immer hilfsbereit sind. Wenn ich jemanden brauchte, der wegen einer späten Lehrveranstaltung den Jungen aus der Betreuung abholte, hatte ich immer jemanden. Und die Zeit arbeitet ja für einen: Ab einem gewissen Alter konnte der Kleine auch mal übers Wochenende zu seiner geliebten Omi und ich hatte Zeit für mich. Ab und an kümmert sich auch der Papa, der uns ansonsten dankens- und anerkennenswerter Weise finanziell weit über seine Verpflichtungen hinaus unterstützt.

Die Zeit ohne Sohn nutzte ich allerdings nicht, um mich zu erholen, sondern butterte alle Energie in mein Studium, in Klausurvorbereitung, Referate, Hausarbeiten und 2013 meine Bachelorarbeit.

Danach war ich so fertig, dass meine Krankenkasse meinen Antrag auf Kur nicht einmal eine Woche, nachdem ich ihn eingereicht hatte, genehmigte. Im September 2013 ging es auf Mutter-Kind-Kur in Richtung Sylt, wo mich dann die Zusage für meinen Masterplatz -  Semesterbeginn: Oktober 2013 - erreichte. Mit einem Schnitt von 1,7 im Bachelor war ich gerade noch so mit hineingerutscht.

Im August 2014 zog ich mit meinem Sohn wieder zurück in meine Heimatstadt - er war groß genug, dass ich ruhigen Gewissens auch pendeln konnte und mein Netzwerk hatte sich super etabliert.

Dass es mir hier besser gehen würde, war mir schon klar gewesen - wie sehr, das kann ich heute beurteilen. Ich hatte seit meinem Umzug vor knapp 15 Monaten nur einmal einen Infekt, der mich zum Arzt führte. Mein Schmerztablettenkonsum hat sich auf "gelegentlich" eingependelt, weil meine Verspannungen wesentlich besser wurden und ich bin zwar immer noch nicht der kontaktfreudigste Mensch (als jemand, der von seinem 19. bis zum 30. Lebensjahr allein gelebt hat, zähle ich wohl zu dem, was man als "Eigenbrötler" bezeichnet), aber die Menschen, die mir etwas bedeuten, sehe ich regelmäßig und habe mehrmals die Woche abends Besuch von lieben Freunden.

Ich bin wieder offener geworden, im Kontakt mit mir selbst und habe meine Gefühle im Blick. Ich gehe meistens gut gelaunt durch die Welt, gebe regelmäßig was ab an Leute, die weniger haben und nehme den Fuß vom Gas. Ich habe Pläne, Visionen und kann mich selbst mit Humor nehmen (und meinen Sohn - eine Strategie, die Leben rettet...). Und ich bin platt, was ich alles geschafft habe - damit meine ich nicht mein Studium, sondern meine persönliche Entwicklung.

Das Studium ist nun in seiner letzten und spannendsten Phase. Ich habe mich entschlossen, eine der Fragen, die mich selbst als Alleinerziehende bewegt haben, zum Thema meiner Masterarbeit zu machen. Was für ein Luxus! Ein eigenes Anliegen, eine Frage, die mich ganz persönlich und privat interessiert, mit wissenschaftlichen Mitteln zu beantworten - für mich ein Traum!

Gestern Abend hatte ich ein spannendes und für mich äußerst fruchtbares Gespräch mit Dr. Alexandra Widmer (www.starkundalleinerziehend.de), die ich kontaktierte, weil ich Sie gerne um Unterstützung bei der Rekrutierung meiner Stichprobe bitten wollte. Dabei wurde mir auch klar, dass meine persönliche Geschichte hier eine wichtige Rolle spielt - und ich als Person.

So kam mir die Idee mit dem Blog - die Idee, mich in dieser Phase mitzuteilen, diese anstrengende, letzte Phase im Studium (vor der Doktorarbeit, das wäre der nächste Schritt) - je nachdem, wie meine Zeit es zulässt - zu dokumentieren und meinen Alltag, meine Gedanken, Hochs und Tiefs mit anderen zu teilen, die so eine Art von "Krimi" vielleicht interessiert.

Ein weiteres Anliegen ist, auf diesem Weg andere Alleinerziehende zu erreichen, um mich bei meiner Masterarbeit zu unterstützen und meine Befragung mitzumachen. Zu dieser werde ich gleich im nächsten Beitrag etwas schreiben: "Das Projekt".