Mittwoch, 9. Dezember 2015

Was tun bei (Liebes-)Kummer?

Christine hat in ihrem Blog "Mama arbeite" die Frage in den Raum gestellt, was bei Liebeskummer zu tun sei: Spricht man mit den Kindern darüber, wenn Kummer einen sehr belastet?

Meine Antwort darauf ist ein ganz klares Ja. Natürlich! Weil Verschweigen niemandem hilft:

  • Wir wissen, welche feinen Antennen unsere Kinder haben und werden von ihnen auch damit konfrontiert, wenn sie unsere emotionale Schieflage spüren. Ich weiß von mir, dass es mir - abgesehen von allem, was ich mir darüber denke - emotional maximales Unbehagen bereitet, wenn ich weiß, etwas stimmt nicht und ich kann nicht einordnen, warum. Ich gehe stark davon aus, dass unsere Kinder das ähnlich erleben. Ich möchte nicht, dass mein Kind ein solches Unbehagen spürt.
  • Ich muss mich verstellen. Das stengt an, frisst Ressourcen! Für mich persönlich gesprochen kann ich hier nur sagen: Ich brauche meine Ressourcen. Jede noch so kleine Anstrengung, mich zu verstellen, stresst mich ungemein. Langfristig mag das nicht so sehr ins Gewicht fallen, aber in jedem Moment, in dem ich belastende Gedanken in mich hineinfresse, habe ich eine kürzere "Zündschnur", als sonst. Ich habe dann nicht die Kraft und Geduld, die ich sonst habe und die ein Kind, egal in welchem Alter, einfordert.
Kann es per se auch gut sein, mit seinen Kindern über seine Sorgen zu sprechen? Meiner Meinung nach: Absolut, ja! Auch hierzu habe ich ein paar Überlegungen:
  • Wenn wir unseren Kindern auch unsere Niederlagen mitteilen, lernen sie, dass so etwas zum Leben dazugehört. 
  • Sie lernen uns als Menschen mit Gefühlen besser kennen.
  • Sie werden irgendwann erkennen, dass wir ihnen vertrauen und das hoffentlich als Einladung verstehen, sich uns auch mit ihren Gefühlen anzuvertrauen.
  • Sie können von uns lernen. Wir sind die Modelle, an denen sich unsere Kinder orientieren und können ihnen zeigen, dass man seine Gefühle zugeben darf und auch, dass es einem hinterher besser geht. Und, wie man mit (Liebes-)Kummer umgehen kann.
Die entscheidende Frage ist gar nicht so sehr ob, sondern wie ich mit meinem Kind über solche Dinge spreche.

Als mein Sohn kleiner war, habe ich ihm erklärt, dass die Liebe im Herzen sitzt. Liebe hat er schon früh verstanden. Dass Mama ihn liebt und er die Mama und den Papa und die Oma. Dass auch Erwachsene sich lieben, aber dass das eine andere Liebe ist, die auch wieder weggehen kann, anders, als die Liebe zum Kind, die bleibt immer, weil sie im Herzen ganz fest sitzt.

Bei kleineren Kindern kann man mit Gestik und Mimik (und vielleicht einem Kuscheltier oder zweien?) viel veranschaulichen, auf sein Herz zeigen und sagen: Mein Herz ist heute schwer. Mich hat jemand nicht so lieb, wie ich ihn habe und das macht mich traurig. Ich denke ganz viel darüber nach und bin gerade nicht so fröhlich, wie sonst. Du musst Dir aber keine Sorgen machen, das geht wieder vorbei!

Das Kind wird vielleicht nachfragen - wer? Warum hat er dich nicht lieb?

Vermutlich wird es auf jede Frage eine Antwort geben, die allgemein genug ist, aber trotzdem das Kind als Gesprächspartner würdigt. Aber da wir die Tendenz von kleineren Kindern kennen, an jede Antwort eine neue Frage anzuhängen, darf man dem Ganzen auch einen Schlusspunkt setzen: "Jetzt weißt Du, warum ich ein bisschen traurig bin. Ich möchte aber nicht so viel darüber sprechen und lieber etwas Schönes mit Dir machen. Hast Du Lust auf ...?".

Bei Teenagern finde ich übrigens auch, dass ein (relativ) offenes Gespräch ein toller Vertrauensbeweis sein kann. Aber natürlich ist die Hürde der Selbstoffenbarung da um einiges größer. Vor allem, weil Teenies wohl nicht so sehr am Liebesleben ihrer Mütter interessiert sind. Dennoch könnte der Satz: "Hör zu, ich bin gerade etwas gereizt/traurig. Stell Dir vor: Deine Mutter hat Liebeskummer!" halb-humorig, aber sehr ehrlich, zumindest die Last von den Schultern nehmen, sich verbiegen zu müssen.

Das heißt natürlich nicht, dass wir unsere Kinder zu unseren Kummerkästen machen und sie mit unseren Sorgen belasten dürfen - aber wenn wir offen darüber sprechen, dürfte das weniger belastend sein, als wenn wir ständig gereizt oder niedergeschlagen sind und das von den feinen Antennen unserer Kinder empfangen und gefühlt wird.

Und: Wenn wir unseren Kindern gestatten, uns ein klein wenig aufzumutern, sofern sie von sich aus kommen und z. B. mit einer Umarmung reagieren, oder einfach nur ihr Mitgefühl ausdrücken, erfahren sie Selbstwirksamkeit: Sie können die Mama trösten!

Zu guter Letzt halte ich es für einen wohltuenden Schritt für sich selbst. Ein weiterer Schritt, den Kummer zu verarbeiten: Wir leugnen unseren Kummer nicht vor unseren Kindern und damit auch nicht vor uns selbst.

Und wenn die Kinder selbst einmal Liebeskummer haben, vertrauen sie sich vielleicht auch uns einmal an.

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