Sonntag, 8. November 2015

Schlafen in Zeiten flexiblen Wohnens

Letzter Ferientag. Nach einem schönen Nachmittag mit Freunden inklusive einem ausgedehnten Waldspaziergang sowie einer oberleckeren Bisquitrolle zum Nachmittagstee liegt nun ein frisch gebadeter junger Mann in meinem Bett und hört noch eine Folge "Benjamin Blümchen"-gute-Nacht-Geschichten, bevor er in sein Bett umzieht.

Neulich sah ich auf Facebook ein tolles Bild: Eine riesengroße, selbst zusammengestellte Familien-Kuschelhöhle, in der sowohl ein Elternpaar, als auch die drei Kinder bequem Platz zum Schlafen fanden (hier: Artikel (Kveller)). Ein Traum.

Das Thema "familiäres Schlafen" war für mir schon immer wichtig. Als wir noch zwei (werdende) Eltern waren, war klar: Wir fanden es als Kind beide großartig, zu Mama und Papa ins Bett zu kriechen, also musste unser Bett groß genug sein, um unserem Kind diese Möglichkeit auch zu bieten. Und bald stand - sponsored by Oma - ein 4 m² Naturholzbett in unserem Schlafzimmer.

Also schlief das Kind zuerst im Babybalkon auf meiner Seite, dann im umgebauten Kinderbettchen (seitlich offen) und wanderte nachts immer näher zu mir heran, bis er bis zum Morgen unter meiner Decke lag. Herrlich! Manchmal eng, aber einfach unendlich süß.

Mich störte das nie. Ich gehe sogar so weit, zu sagen: Als jemand, der früher phasenweise mit massiven Schlafstörungen zu tun gehabt hatte, war das schlafende Kind neben mir eine Erlösung. Ab dem Tag seiner Geburt schlief ich selbst wie ein Kind und die Unterbrechungen durch nächtliches Gequäke waren schnell geregelt. Mich hat es nie gestört, das Kind zu versorgen, weil sich das quasi von selbst erledigte und nicht besonders aufwändig war, da das quasi im Schlaf ging. Sobald der Junge zufrieden war, war ich es auch, und abgesehen von ein paar etwas anstrengenderen Phasen, in denen er öfters wach wurde, kann ich rückblickend nur sagen, dass wir einen tollen Weg für uns gefunden hatten. Selbst, wenn er phasenweise darauf bestand, dass sein Kopf mit auf meinem Kissen liegen muss. Das ging sogar ziemlich lang so...

Dann kam die Trennung und als wir unsere Habe aufteilten, waren nur zwei Dinge dabei, die mir wirklich wichtig waren und die ich unbedingt haben wollte (und auch ohne Diskussion bekam, obwohl ersteres nicht von mir mit in den Haushalt gebracht wurde): Der Universalzerkleinerer und das Bett.

Das Bett kam also mit. In der zwei-Zimmer-Wohnung, die ich mit dem Jungen bezog, gab es zunächst kein Kinderzimmer, sondern ein Schlafzimmer und ein Wohnzimmer. Es war klar, dass Schlafen weiterhin Familiensache blieb - der Junge war knapp über anderthalb Jahre alt und brauchte nachts einfach noch seine Mama, was auch völlig okay war.

Bis er drei Jahre alt war blieb das auch die Raumaufteilung. Aber dann kam irgendwann der Wunsch nach einer räumlichen Neustrukturierung, weil es mich nervte, dass überall Spielzeug herumflog. Im Grunde habe ich überhaupt kein Problem mit Spielzeug und ich teile gern jeden Quadratmeter Lebensraum mit meinem Kind, aber ich bin auch ein Mensch, der unheimlich schnell reizüberflutet ist - da ist das Leben mit Kindern an sich schon eine ziemliche Herausforderung. An konzentriertes Arbeiten ist erst recht nicht zu denken, wenn man am Tisch sitzt (und wir reden hier auch nicht von einem Schreibtisch, sondern einem sehr großen Esstisch, der nach wie vor ein Doppelleben führt) und um einen herum aus jeder Ecke knallbunte Teile brüllen: Irgendwann musst du mich aufräumen! Sonst macht es nämlich keiner! 

Damit mein Sohn sich, seine Holzeisenbahnstrecke, sein Bobbycar, achthundertvierundsechzig Pixi-Hefte, seine Fisher-Price-Quäke, seine Bücher, seine Lego Duplo und sämtliches Geröll seiner Kugelbahn gleichmäßig auf einer Fläche verteilen konnte und ich wieder ein ruhigeres Umfeld für mich bekam, wurde aus dem Schlafzimmer ein Kinderzimmer.

Das war der Punkt, an dem ich mit meinen eigenen Klischees über Alleinerziehende konfrontiert wurde: Alleinerziehende haben kein eigenes Schlafzimmer, sondern nächtigen im Wohnzimmer.

Oh. Mein. Gott.

Jetzt bin ich eine davon.

Das aller-bedauernswerteste Bild, das ich früher vor meinem geistigen Auge gehabt hatte, war die Alleinerziehende, die auf dem Sofa - bestenfalls einer Ausziehcouch - im Wohnzimmer schläft: Demütigend. Für mich gehört ein Mensch nachts in ein Bett. Ein Bett, das morgens gemacht wird und dann den ganzen Tag dazu einlädt, sich nach einem anstrengenden Tag darin lang zu machen, den schweren Kopf auf ein weiches und duftendes Kissen zu betten, sich die kuschelige Decke bis zur Nase zu ziehen und in maximaler Geborgenheit, schnurrend, in Morpheus' Arme zu begeben.

Das war natürlich nur mein Bild, meine Vorstellung, meine Wertung. Aber sie führte dazu, dass ich darauf bestand, meine 4 m²-Oase mit ins Wohnzimmer zu nehmen. Ich hätte lieber auf ein Sofa verzichtet, als auf mein Bett. Und ein kleineres kam nicht infrage: Natürlich schlief der Junge nach wie vor nur bei mir ein. Und durch. Nicht immer unbedingt in der Position, die das Format einer 100x200-cm-Matratze vorsieht, sondern auch gern mal diagonal. Oder quer. Aus einem 200x200er-Bett zu purzeln schafft auch nicht jeder. Mein Sohn kann sowas. Undenkbar, wenn da nur 40 cm gefehlt hätten.

So begann das, was ich "flexibles Wohnen" nenne und was ich bis heute -  auch nach meinem Umzug weiterhin Bewohnerin einer "nur"-2-Zimmer-Wohnung von immerhin 60 m² - so gut wie möglich perfektioniere:

Es gibt ein Kinderzimmer und ein Wohn-Schlaf-Arbeits-Esszimmer. Mit vier Quadratmetern Liegefläche.

Die natürlich immer noch gern von meinem Kleinen mit genutzt werden.

Manchmal kann ich den Gedanken nicht wegschieben, dass ich wahnsinnig gerne ein eigenes Schlafzimmer hätte. Für mich allein taugt diese kleine "Multifunktionszone": Mein Bett ist optisch abgetrennt und bildet meine Ruheoase, daneben habe ich eine kleine Sitzecke. Der große Tisch steht von Montag bis Freitag am Fenster, wo er als Schreibtisch dient, und wandert am Wochenende in die Mitte der kleinen Ess-/Arbeitsecke, wo er am Samstag und Sonntag, sofern der Kleine nicht unterwegs ist, zum Essen und Spiele spielen genutzt wird. Und ein paar Mal im Jahr, um Gäste darum zu versammeln und diese ordentlich zu bekochen - meine absoluten Highlights. Ich liebe es, für Freunde Essen zu machen.

Und mein Sohn - liebt nachts immer noch meine Nähe, die ich ihm auch gern gewähre  - weniger günstig ist nur, dass im Grunde auch meine Küche mitten im Wohnzimmer positioniert ist: Sie ist innen liegend, hat also auch keine Fenster (dafür aber eine echt laute Dunstabzugshaube), vom Flur aus begehbar und führt durch eine Schiebetür direkt ins Wohnzimmer (das hat aber auch noch einen extra-Eingang vom Flur aus). Sie ist nicht gerade groß, also kein Raum, in dem man sich auch mal länger aufhalten kann. Wenn der Junge in meinem Bett liegt, belagert er also sozusagen meinen kompletten Rückzugsraum/meine Aufenthaltsmöglichkeiten und da ich ihn nicht wecken will, nimmt mir das ganz schön viele Freiheiten. Ebenso wird er zwar morgens nicht vom Wecker wach, aber spätestens, wenn ich zwischen Bad und Küche unterwegs bin, wacht er auf - was nicht so wäre, wenn ich ein Schlafzimmer hätte, hinter dem ich einfach die Tür zumachen kann.

Das ist so ein kleiner Traum von mir. Entweder eine Wohnküche - oder ein Schlafzimmer für mich. An sich wäre eine richtige Trennung von Wohnzimmer und Küche auch schön.

Trotzdem liebe ich meine Wohnung.



Sie hat das wunderschönste Licht, das man sich vorstellen kann, liegt im Grunde mitten in der Stadt und ist ruhig. Wir werden die Grundschulzeit meines Sohnes mit Sicherheit hier wohnen bleiben und danach ist er zwar in einem Alter, wo er wahrscheinlich nicht mehr Abend für Abend wahlweise fragt, ob a) er in meinem Bett einschlafen darf oder b) ich ihn nachts zu mir hole, wenn ich ins Bett gehe. Eventuell bringt er aber mal - ebenfalls vorpubertäre - Freunde mit nach Hause, und die Vorstellung allein lässt mich wünschen, dass ich dann etwas mehr Privatsphäre habe und die Tür zu meinem Schlafzimmer zumachen kann.

Mittleweile ist der kleine Kerl in seinem eigenen Bett und ich habe wieder mal wieder kein Buch, keine Kochzeitschrift gelesen und keinen Film angeschaut - wie jeden Abend läuft das mit dem gepflegten Müßiggang nicht wirklich.

Nachdem mein Sohn in den Herbstferien so gut wie jede Nacht, die er nicht außer Haus war, bei mir verbracht hat, wird mir etwas fehlen, wenn ich später meine Oase aufsuche. Nur weiß ich eben, dass der Morgen für mich wesentlich angenehmer anläuft, wenn ich auf ihn keine Rücksicht nehmen muss - was meistens auch nicht verhindert, dass er wach wird, ihm eine Stunde Schlaf fehlt und ich morgens in der ersten Stunde nach dem Aufstehen wesentlich mehr akustischen Input bekomme, als meine gute Stimmung vertragen kann. Klar beiße ich die Zähne trotzdem zusammen und lächle, aber es ist einfach nicht dasselbe, wie wenn ich die erste Stunde Ruhe hatte, meinen Sohn frisch geduscht nach dem ersten Kaffee mit einem Hexspruch (er liebt Bibi Blocksberg) oder einem aktuellen Running Gag wecken kann.

Also muss es mit einem Blick auf das schlafende Kind in seinem Bett und einem träum-süß-Küsschen auf die Stirn gut sein. Die Zeit, in der ich das Abend für Abend tue, wird schneller vorbei sein, als ich "Pubertät" sagen kann...

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